Einen juristischen Rückschlag musste die Verwertungsgesellschaft Wort – in diesem Fall als Interessenvertreterin aller deutschen Journalisten – gleich zum Jahresbeginn einstecken. Die Verbreitung elektronischer Pressespiegel durch E-Mail verstößt gegen das Urheberrecht und ist damit unzulässig, hat das Oberlandesgericht Köln in einer einstweiligen Verfügung entschieden, die am 3. Januar 2000 öffentlich gemacht wurde.
Für Pressespiegel gilt eine besondere Regelung des Urheberrechtsgesetzes (§ 49 UrhG). Hierfür ist die Vervielfältigung von aktuellen Print-Artikeln genehmigungsfrei, aber vergütungspflichtig. Lizenzgeber für die – offiziell – etwa 800 Pressespiegel in Deutschland ist die VG Wort. Rund 7,4 Millionen Mark hat sie dadurch 1998 eingenommen, die sie an die Autoren weitergibt. Davon profitieren nicht nur freie Journalisten, sondern durch Regelungen in den Tarifverträgen auch Redakteurinnen und Redakteure.
Auf dieser Grundlage hat die VG Wort im Frühjahr 1999 ihren ersten Lizenzvertrag über einen elektronischen Pressespiegel mit der britischen Investmentbank Goldman Sachs abgeschlossen. Dies ist ihr von den Kölner Richtern jetzt untersagt worden. „Wir dürfen auch keine weiteren Verträge abschließen“, erläutert Prof. Dr. Ferdinand Melichar, geschäftsführender Vorstand der Verwertungsgesellschaft.
Die Vorschrift des § 49 UrhG solle „durch die erlaubte zitierende Wiedergabe hauptsächlich eine kritische Auseinandersetzung mit zu aktuellen Themen bereits erschienenen Artikeln ermöglichen“, begründet das OLG Köln in einer Pressemitteilung seine Entscheidung. Die elektronische Verbreitung an Nutzer, die an ein unternehmenseigenes Kommunikationssystem angeschlossenen sind, bezwecke allerdings „im Wesentlichen deren Information anhand eines einzigen eingescannten Exemplars“ und entferne sich damit „erheblich vom Zweck des Gesetzes“.
Geklagt gegen die VG Wort hatten „Handelsblatt“, „Süddeutsche Zeitung“ und „Welt“. Ein weiteres von der „Berliner Zeitung“ angestrengtes Verfahren ist beim Hanseatischen OLG in Hamburg anhängig. Grund für die Prozesse ist, dass die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger die elektronischen Pressespiegel selbst vermarkten wollen. Dazu haben der Axel Springer Verlag, Burda, Gruner + Jahr, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Handelsblatt“ und „Spiegel“ sowie die Verlegerverbände VDZ und BDZV die Presse Monitor Gesellschaft (PMG) gegründet (siehe M 1-2/1999). Den erwarteten Gewinn wollen sie selbst einstreichen, ohne die Journalisten zu beteiligen.
Dafür ist das Kölner Urteil ein erster Etappensieg. Nach Einschätzung Melichars kann es jetzt viele Jahre bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung dauern. Der VG-Wort-Chef hofft aber, dass der Gerichtsentscheid den Gesetzgeber bewegt, den § 49 UrhG explizit auf elektronische Pressespiegel auszuweiten, wie es schon von der vorherigen Regierung beabsichtigt war. Melichar: „Die Politiker müssen sehen, dass alle damit besser bedient sind, als wenn Pressespiegel nur noch über Exklusivrechte möglich sind.“ (Az.: 6 U 151/99)