Gesetzliche Schutzregelungen für Urheberverträge notwendig

Damit Urheberrecht nicht zur „leeren Hülle“ wird

„Urheberrecht als geistiges Eigentum ist in Deutschland und Europa recht ordentlich geschützt“, erklärte Wolfgang Schimmel von der Rechtsabteilung der IG Medien. Gemeinsam mit der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen hatte die Mediengewerkschaft zum zweiten Urheberrecht-Fachgespräch am 25. Februar 1999 nach Frankfurt am Main eingeladen.

Das Problem: Heute sehen sich Urheber mit Verträgen konfrontiert, nach denen sie alle Verwertungsrechte „für ein Trinkgeld oder gar nichts“, so Schimmel, übertragen sollen – ein „total buy-out“. Im Mittelpunkt der Tagung, an der zwei Dutzend renommierte Vertreter aus Wissenschaft, Medienwirtschaft und Urheberverbänden teilnahmen, stand deshalb das Urhebervertragsrecht.

Schutzvorschriften heute wirkungslos

Nur wenige Schutzparagraphen bietet das 1965 in Kraft getretene Urheberrechtsgesetz (UrhG) in dieser Hinsicht den Urhebern – und sie erweisen sich heute immer mehr als wirkungslos. So ist nach (section) 31 Abs. 4 UrhG die „Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten … unwirksam“, doch in der Praxis führt dies zu jahrelangen Auseinandersetzungen darüber, seit wann beispielsweise eine Verwertung auf CD-ROM oder in elektronischen Datenbanken eine bekannte Nutzungsart ist. Auch die sogenannte Zweckübertragungstheorie des (section) 31 Abs. 5 UrhG bietet heutzutage freien Journalisten wenig Schutz, die Zeitungen Artikel zum Abdruck verkaufen, von denen bekannt ist, daß sie auch online erscheinen.

Als kaum greifbar hat sich ebenfalls der Bestseller-Paragraph ((section) 36) erwiesen. Einzig das Verlagsrecht von anno 1901 sah relativ ausgewogene Vertragsbedingungen zwischen Urhebern und Verwertern vor, doch wurde es 1935 (!) zugunsten der Verleger geändert und wird heute durch die Abtretung aller Nebenrechte fast zur Makulatur. Fazit von Wolfgang Schimmel: „Vom Urheberrecht, das selbst nicht übertragbar ist, bleibt nur die Hülle übrig, mit der sich wirtschaftlich nichts mehr anfangen läßt.“

Neue Aufgaben für Verwertungsgesellschaften

Welche Abhilfe aus dieser für die Urheber mißlichen und ihre wirtschaftliche Existenz bedrohenden Situation geschaffen werden kann, war das zentrale Thema des Fachgespräches, bei dem sich die Vertreter von Verlegerverbänden (BDZV und Börsenverein) eher bedeckt hielten. Zustimmung fand die Forderung Schimmels nach neuen Urheberabgaben auf digitale Speicher- und Reproduktionsmedien wie PC-Festplatten bei Gerhard Pfennig, geschäftsführender Vorstand der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Er wandte sich ebenso vehement gegen die Angriffe der Zeitungsverleger gegen die Pressespiegelvergütung wie gegen Buyout-Systeme.

Pfennig sieht neue Aufgaben für die Verwertungsgesellschaften dort, wo es für Urheber nicht mehr möglich ist, ihre Rechte selbst wahrzunehmen, und auch eine kollektive Regelung über Tarifverträge nicht greift. Sie müßten künftig „weg von starren Tarifschemen“, statt dessen „agenturähnlich handeln“ und eine „enge Kommunikation mit ihren Mitgliedern aufbauen“. Pfennig: „Verwertungsgesellschaften werden Clearingstellen für Rechte werden und müssen individuellen Rechteerwerb ermöglichen.“

Novellierung des Urhebervertragsrechts

Interessante Thesen zur Reform des Urhebervertragsrechts stellte als Schlußredner Professor Dr. Adolf Dietz vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht in München zur Diskussion. Dem Vorschlag Professor Nordemanns von 1991 folgend empfahl er Gesetzesergänzungen zur zeitlichen Befristung und Kündigung von Nutzungsrechtsübertragungen (die Rechte für Bücher werden heute für über 100 Jahre übertragen und danach gemeinfrei) sowie eine Regelung, nach der ein Urheber für jede Nutzung seines Werks eine angemessene Vergütung erhalten muß. Darüber hinaus regte er Änderungen im Tarifvertrags- und Kartellrecht an, um damit die Möglichkeit für tarifliche Mindesthonorare für freie Urheber zu schaffen, sowie die gesetzliche Einrichtung einer Schlichtungsstelle für Urheberrechtskonflikte.

Die Forderung nach gesetzlichen Regelungen zugunsten der Urheber hat unter der neuen Bundesregierung weitaus bessere Voraussetzungen als in den 16 Jahren zuvor. Auf der Tagung „Kreativität ist nicht umsonst“ eine Woche später in Berlin stellte Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin für das Jahr 2000 eine Novellierung des Urhebervertragsrechts in Aussicht, in der „der grundsätzliche und unverzichtbare Anspruch des Urhebers auf eine angemessene Vergütung für jede Nutzung seines Werkes“ festgeschrieben werden soll (siehe eigenen Bericht Seite 29).

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