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Digitale Zweitverwertungsrechte an Verwertungsgesellschaften übertragen

Im Oktober 1997 und Januar 1998 hat sich die Arbeitsgemeinschaft Urheberrecht der Fachgruppe Journalismus (dju) zu Arbeitstagungen getroffen. Sie besteht aus interessierten Mitgliedern der IG Medien, die meist selbst von Urheberrechtsverletzungen in digitalen Medien betroffen sind.

Wir sehen dringend Handlungsbedarf, jetzt Initiativen zum Schutz der Urheberrechte in den sogenannten „Neuen Medien“ zu ergreifen. Denn seit geraumer Zeit schaffen die Verwerter mit Online-Zeitungen, CD-ROMs, elektronischen Verlagsarchiven, Online-Datenbanken und Online-Pressespiegeln Fakten. Dabei wird nicht selten das Urheberrecht entweder offen gebrochen, indem urheberrechtlich geschützte Werke ohne Nutzungsrechtsübertragung illegal in diesen Medien verwertet werden, oder angestellte und freiberufliche Urheber werden durch Arbeits- oder Werkverträge dazu genötigt, auf einen angemessenen Erlös aus dieser Verwertung zu verzichten. In naher Zukunft werden die Auswirkungen jede/n Urhe-ber/in – auch wirtschaftlich – gravierend treffen.

Unter den Urhebern und in den Organisationen, die ihre Interessen vertreten (so in der IG Medien), wird seit längerem diskutiert, wie die Urheberrechte in den „Neuen Medien“ gesichert werden können. Für angestellte Urheber kann dies durch Tarifverträge geschehen. Darüber wird gegenwärtig beispielsweise mit den Verlegerverbänden BDZV und VDZ verhandelt.

Für freiberufliche Urheber gibt es in der Diskussion die Meinung, sie könnten am besten selbst ihre Interessen gegenüber den Verwertern vertreten und durch Honoraraufschläge an der digitalen Verwertung angemessen partizipieren. Dagegen steht die Auffassung, daß Urheber angesichts der weltweit zunehmenden digitalen Angebote, kaum eine Möglichkeit haben, die Verwertung ihrer Werke zu kontrollieren, und nur mit großem Aufwand eine Honorierung durchsetzen können.

Rechte an Verwertungsgesellschaften übertragen

Nach längerer Diskussion sind wir zu der Auffassung gelangt, daß die Wahrnehmung einer Reihe von Zweitverwertungsrechten über die Verwertungsgesellschaften Wort und Bild-Kunst für die Masse der freien Urheber sinnvoller ist als ein Honoraraufschlag. Zweitverwertung heißt in diesem Fall, die digitale Verwertung von zuvor in Zeitungen und Zeitschriften bereits erschienenen Artikeln, Fotografien und Grafiken. Diese generelle Übertragung von Rechten an die VG Wort und Bild-Kunst sollte erfolgen bei

    • Online-Zeitungen und Online-Zeitschriften der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage
    • Verlags- und andere Pressedatenbanken (wie Knight-Ridder, Genios, GBI)
    • Online-Pressespiegeln.

Bei Jahrgang- und anderen Sammelwerk-CD-ROMs (bzw. anderen Offline-Datenträgern wie CD-I oder DVD) der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage befürwortet die AG Urheberrecht ebenfalls eine Wahrnehmung durch die Verwertungsgesellschaften, aber als individuelle Rechteübertragung durch die Urheber an die VG. Die Verwertungsgesellschaft Wort hat dieses Recht seit kurzem. Sie muß es jetzt wahrnehmen. Darüber hinaus sollte bei der VG Wort und Bild-Kunst auch die Möglichkeit der individuellen Rechteübertragung durch Urheber an die Verwertungsgesellschaften geschaffen werden für andere CD-ROMs bzw. Offline-Datenträger von anderen Verwertern (beispielsweise für Lexika-CD-ROMs).

Um diese Übertragung von Rechten an die VG Wort und Bild-Kunst wirksam werden zu lassen, bedarf es nicht nur entsprechender Anträge zur Ergänzung der Wahrnehmungsverträge in den Verwertungsgesellschaften. Sie müssen auch durch- und umgesetzt werden. So hat die VG Wort das Wahrnehmungsrecht für Zeitungsbeiträge in EDV-Datenbanken bereits seit Jahren, nutzt es aber nicht. Das muß geändert werden.

Ähnliche Regelungen wie für die Zweitverwertung aus dem Printbereich könnten auch auf den Rundfunkbereich angewendet werden, da heute schon Rundfunk- und Fernsehbeiträge als Text, Wort oder (bewegtes) Bild online angeboten werden. Durch geeignete Vereinbarungen, Verträge und Verfahren soll bei der digitalen Verwertung eine elektronische Identifizierung von Texten, Bildern und anderen Werken, eine automatisierte Erfassung und bei Fotografien eine Low-Resolution-Bildauflösung sichergestellt werden.

Neue Urheberabgaben

Multimedia ist eine Wachstumsbranche, in der kräftig verdient wird. Die Angebote im Internet sind weltweit verfügbar und können für den privaten Gebrauch sekundenschnell abgespeichert werden. Dieser Nutzen macht den Reiz und Nutzwert der „Neuen Medien“ aus. Doch viele der Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Niemand will den privaten Nutzen einschränken, doch müssen Urheber einen finanziellen Ertrag aus der Nutzung ihrer Werke erhalten.

Wir halten deshalb – analog zur Fotokopiergeräte- und Leerkassettenabgabe – neue Urheberabgaben auf alle digitalen Reproduktions- und Speichermedien für sinnvoll und notwendig. Der Gesetzgeber sollte im Urheberrechtsgesetz Abgaben einführen auf Datenträger (Leerdisketten, CD-Rohlinge, DAT-Kassetten u.ä., aber auch auf Festplatten), Geräteabgaben auf PCs, ISDN-Karten und Modems, sowie Betreiberabgaben für Internet-Provider und Online-Dienste.

Die AG Urheberrecht möchte alle betroffenen Urheberinnen und Urheber in der IG Medien auffordern, über diese Vorschläge jetzt zu diskutieren – in den Gremien der Fachgruppen Rundfunk/Film/AV-Medien, Journalismus, Literatur und Bildende Kunst sowie vor Ort bei eueren Treffen und Zusammenkünften. Nach unserer Meinung müssen wir schnell entsprechende Initiativen starten, damit die Urheber auf der Datenautobahn nicht unter die Räder kommen.

Diskussionsaufruf der AG Urheberrecht:

Stellungnahmen und Vorschläge bitte in den Fachgruppen weiterleiten

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