„Kreativität ist nicht umsonst“

Bundesjustizministerin verspricht Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Urhebern

Die Bundesregierung will die wirtschaftliche Situation von Künstlern, Kreativen und Kulturschaffenden verbessern. Das bekräftigte am 6. März Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin (SPD). „Kreativität ist nicht umsonst“, so der programmatische Titel der Fachtagung, die auf die heiße Phase der in Brüssel und Bonn anhängigen Urheberrechtsgesetzgebungsver-fahren einstimmen sollte. Verwertungsgesellschaften, Urheberverbände und Gewerkschaften hatten in die Akademie der Künste nach Berlin eingeladen.

Däubler-Gmelin hat die Anpassung des Urheberrechts an die Bedingungen der Informationsgesellschaft vor allem an die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Urhebern geknüpft. „Unsere Gesellschaft kann und will auf die identitätsstiftende Arbeit ihrer Künstler, Kreativen und Kulturschaffenden nicht verzichten,“ so die kulturpolitische Begründung der SPD-Politikerin. In einer vom Lobbyismus aufgeheizten Situation sprach sie sich deutlich für die Beibehaltung der kontinental-europäischen Tradition aus, die die UrheberInnen in den Mittelpunkt des Urheberrechts stellt, wobei ihre „geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und seine höchstirdische wirtschaftliche Nutzung“ geschützt seien. Oder – so fragte die Ministerin rhetorisch – „soll es etwa so sein, daß unsere Gerichte nicht Woody Allen als den Urheber seines ,Stadtneurotikers‘ ansehen, sondern den Produzenten dieses großartigen Films? Das wäre dann so, als behaupte der Zoodirektor, er wäre der Löwe.“

Konkret versprach Däubler-Gme-lin, schon im kommenden Jahr ein Urhebervertragsrecht auf den parlamentarischen Weg zu bringen, das „die Kreativen als regelmäßig schwächere Vertragspartei“ gegen die „mitunter allzu großen Begehrlichkeiten ihrer Verleger und Produzenten“ schützt. Die „Unabtretbarkeit von gesetzlichen Vergütungsansprüchen“ und die Festschreibung, „daß dem Urheber grundsätzlich ein Anspruch auf angemessene Vergütung für jede Nutzung seines Werkes gebührt“, soll Bestandteil von ersten, leicht umsetzbaren Vorschriften sein. Außerdem wären „die Kündigungsrechte der Autoren zu verbessern und – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – dem Rechtsgedanken des Bestsellerparagraphen des (section) 36 UrHG Nachdruck zu verleihen“.

Doch zunächst steht das 5. Änderungsgesetz des Urheberrechts im Bundesjustizministerium auf dem Programm, das das deutsche Gesetz mit den im Dezember 1996 vereinbarten internationalen WIPO-Verträgen kompatibel machen soll. Kreativen, Tonträgerherstellern und Sendeunternehmen wird in diesen internationalen Verträgen das alleinige Recht zur Veröffentlichung ihrer Werke und Produkte in der digitalen Welt eingeräumt. An der grundsätzlichen Ausrichtung des noch von der alten Bundesregierung eingebrachten Diskussionsentwurfs will Däubler-Gmelin nichts ändern. („M“ berichtete.) Namentlich an der „Erstreckung der gesetzlichen Lizenz des (section) 49 UrHG auf elektronische Pressespiegel bei gleichzeitiger Beibehaltung der Verwertungsgesellschaftspflicht des Vergütungsanspruchs“ will die Justizministerin festhalten.

Vor dem überwiegend aus dem Umfeld der Verwertungsgesellschaften zusammengekommenen Publikum kündigte Däubler-Gmelin zudem an, die Vergütung für private Vervielfältigungen zu reformieren. Die Urheberabgaben auf Kopiergeräte aller Art und Datenträger wie Leerkassetten etc. sollen nach 14 Jahren erhöht werden – „einen derartigen Lohnstillstand gab es in keinem Berufszweig.“ Die Gesetzeslücke für neuartige Vervielfältigungsgeräte würde geschlossen und die Geschwindigkeitsuntergrenze für Scanner und Kopierer aus dem Gesetz gestrichen. Außerdem will Däubler-Gmelin sich „eingehend über die derzeitige Verteilungspraxis der Verwertungsgesellschaften informieren und Handlungsbedarf prüfen.“ Denn bis die Urheber Geld aus den gesetzlich festgelegten Lizenzen sehen, vergehen auf Grund der Verteilungskämpfe zwischen Kreativen und Verwertern, aber auch zwischen den Verwertungsgesellschaften, derzeit oft Jahre. Auch die Harmonisierungsarbeit in der EU genießt im Bundesjustizministerium zur Zeit „höchste Priorität“. Möglichst noch unter deutscher Präsidentschaft soll der zuständige Binnenmarktrat bis Juni zu einem gemeinsamen Standpunkt kommen.

Vor allem die Ausnahmebestimmungen im vorliegenden Richtlinienentwurf sind Däubler-Gmelin zu eng gefaßt. Das Europaparlament hatte im Februar in erster Lesung beschlossen, die Freiheit der privaten Kopie zugunsten einer möglichst weitgehenden Einzelabrechnung zurückzuschrauben. Die Justizministerin wünscht sich hingegen „einen Ausgestaltungsspielraum für die Mitgliedsstaaten“, damit bei der Umsetzung der Richtlinie „unterschiedlichen nationalen Traditionen Rechnung getragen werden kann.“ Dahinter verbirgt sich unter anderem der Wunsch, an der in elf Mitgliedsstaaten auf unterschiedliche Weise eingespielten Einnahme- und Ausschüttungspraxis der Verwertungsgesellschaften festhalten zu können. Großbritannien, Luxemburg und Irland wehren sich derzeit noch gegen die pauschal erhobenen Urheberabgaben.

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