Ein Urteil mit weitreichenden Folgen – Einigung zwischen Industrie und Verwertungsgesellschaften
- Überbrückungsgeld: Mittel aufgestockt
- Ohne „Originalität“ kein Urheberschutz
- 6 Euro für Urheber pro CD-Brenner
- Urheberrechtsreform vom Bundeskabinett beschlossen
- Konkurrenz durfte Exklusivfoto drucken
- Domainnamen-Datenbank der WIPO ist online
Überbrückungsgeld: Mittel aufgestockt
Das Bundesarbeitsministerium hat die Mittel der Bundesanstalt für Arbeit für das Überbrückungsgeld aufgestockt. Wegen der regen Nachfrage wurden für Existenzgründer zusätzlich 145 Millionen Euro für dieses und 70 Millionen Euro für das Jahr 2003 bereitgestellt.
Überbrückungsgeld können Arbeitnehmer, die sich selbstständig machen, in den ersten sechs Monaten der Existenzgründung vom Arbeitsamt erhalten. Die Kann-Leistung entspricht in der Höhe dem jeweiligen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. -hilfe. Zusätzlich werden die darauf entfallenden pauschalierten Sozialversicherungsbeiträge ausgezahlt. Durch das Job-AQTIV-Gesetz ist seit Jahresbeginn 2002 der mindestens vierwöchige Bezug von Arbeitslosengeld oder -hilfe als Bedingung für das Überbrückungsgeld entfallen.
Deshalb ist die Zahl der Anträge stark angestiegen – in Nordrhein-Westfalen beispielsweise um 34 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nicht nur in diesem Bundesland war es absehbar, dass die Arbeitsämter ohne Aufstockung der Mittel künftig viele Anträge auf Überbrückungsgeld hätten ablehnen müssen. Im ersten Halbjahr 2002 haben 58.000 Existenzgründer bundesweit einen Förderantrag gestellt. Im Jahr 2001 wurden insgesamt rund 96.000 Selbstständige vom Arbeitsamt gefördert.
lü
Ohne „Originalität“ kein Urheberschutz
In letzter Instanz hat das Oberlandesgericht Düsseldorf im Juni 2002 die Klage eines Computer-Journalisten abgewiesen, der einer Software-Firma verbieten wollte, Auszüge aus seinen Artikeln ohne Genehmigung und Honorierung im Internet zu verwenden – ein Urteil das weitreichende Folgen für Fachautoren haben könnte, die beispielsweise Software-Rezensionen schreiben.
Den beiden Textpassagen aus einem Artikel des früheren „Chip“-Redakteurs Claus Vester fehle die „erforderliche Schöpfungshöhe“, heißt es in dem Düsseldorfer Urteil (Az. 20 U 144/01). Denn sie hätten „jeweils nur eine relativ kurze und allgemeine, nicht in die Tiefe gehende Beschreibung eines Software-Produkts zum Gegenstand.“ Es handele sich „um gängige, routinemäßige Produktbeschreibungen, deren Aufbau und Darstellung sich im Bereich des Üblichen bewegt“.
Mit anderen Worten: Es fehlt dem Fachartikel an Originalität. „Damit mischt sich das Gericht in genau diesen Schöpfungsakt ein und stört die Beziehung von Autor und Leser … Einen Zwang zur Originalität darf es nicht geben“, kommentiert Christopher Schrader in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 2. Juli 2002 diese bisher beispiellose Entscheidung.
Auch Detlef Borchers befasst sich in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 12. Juli 2002 mit dem Urteil und stellt gleichzeitig die pikanten Hintergründe der Geschichte dar. Demnach hat die beklagte Firma Symicron die von Vester beschriebene Software „Explorer“ nie auf den Markt gebracht. Der „Chip“-Artikel reichte aber als Beleg für das Namensrecht, an dem kräftig verdient wird. Zunächst kassierte das Unternehmen aus einem Vergleich mit Microsoft, und seitdem überzieht der mittlerweile berühmt-berüchtigte Günther Freiherr von Gravenreuth, Rechtsanwalt von Symicron, alle nichtlizenzierten Produkte mit Abmahnungen, in denen der Namensbestandteil „Explorer“ auftaucht.
lü
6 Euro für Urheber pro CD-Brenner
Im seit 1998 schwelenden Konflikt um Urhebervergütungen auf Computer-Hardware haben sich Industrie und Verwertungsgesellschaften in einem Bereich geeinigt. Die in der ZPÜ (Zentralstelle für private Überspielungsrechte) zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften sowie die VG Wort und VG Bild-Kunst haben am 31. Juli 2002 mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) einen Gesamtvertrag für CD-Brenner abgeschlossen.
Für jeden CD-Brenner sind danach 7,50 Euro als Vergütung für alle Rechteinhaber rückwirkend seit dem 1. Juli 2001 zu zahlen. Für BITKOM-Mitglieder ermäßigt sich der Betrag um 20 Prozent auf 6 Euro.
Die Regelung basiert auf dem Schlichtungsvorschlag von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin im Mediationsverfahren für PC-Urhebervergütungen, das BITKOM Ende Februar diesen Jahres platzen ließ (M 4/2002).
Ursprünglich hatte die ZPÜ 23 Mark allein für die Video- und Audio-Rechte – also ohne die Text- und Bildrechte, die bei der VG Wort und Bild-Kunst liegen – gefordert und später gerichtlich 12 Mark erstritten.
BITKOM-Vizepräsident Jörg Menno Harms betonte, dass „allein wirtschaftliche und politische Zwänge für die Unterzeichnung des Gesamtvertrags entscheidend waren.“ BITKOM halte weiterhin an seiner Forderung fest, Pauschalabgaben im digitalen Bereich durch individuelle Abgaben zu ersetzen.
Für die GEMA, der geschäftsführenden Gesellschaft der ZPÜ, erklärte deren Vorstandsvorsitzender Reinhold Kreile, dass es bei der Einigung in erster Linie darum gegangen sei, „dass den Urhebern ohne weiteren Zeitverzug die ihnen zustehenden Vergütungen bezahlt werden.“ Gleichzeitig unterstrich er die Forderungen der Verwertungsgesellschaften, „die Vergütungssätze für privates Kopieren, die seit 1985 nicht mehr angepasst wurden, deutlich zu erhöhen. “
lü
Urheberrechtsreform vom Bundeskabinett beschlossen
Das Bundeskabinett hat am 31. Juli den Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ beschlossen. Mit dem Gesetz sollen bis zum Jahresende 2002 die Urheberrecht-Richtlinie der Europäischen Union und zwei internationale Verträge der UN-Organisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization – WIPO) in deutsches Recht umgesetzt werden.
Mit dem Gesetz wird ein neues Online-Recht eingeführt, das analog zum WIPO Copyright Treaty als „Recht der öffentlichen Zugänglichmachung“ bezeichnet wird. In Umsetzung des WIPO Performances and Phonograms Treaty werden die Rechte ausübender Künstler gestärkt und quasi denen der Urheber gleichgestellt.
Durch die Gesetzesnovelle wird – von der IT-Industrie heftig kritisiert – das Recht auf private Kopien auch auf digital verbreitete Inhalte ausgeweitet. Gleichzeitig wird die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen von Werken verboten und durch drastisch erhöhte Strafen und Bußgelder unattraktiv gemacht.
Gegenüber dem Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums vom März (M 5/2002) gibt es eine Reihe von Änderungen. So müssen Produkte mit eingebauten digitalen Schutzmechanismen mit deutlich sichtbaren Hinweisen auf die eingeschränkte Nutzbarkeit versehen werden. Bei den „urheberrechtlichen Schranken“ neu ist neben der Privilegierung von Werken für behinderte Menschen die öffentliche Zugänglichmachung von veröffentlichten Werken für Unterricht und Forschung. Die Urheber erhalten für Beides eine angemessene Vergütung über die Verwertungsgesellschaften.
lü
Konkurrenz durfte Exklusivfoto drucken
Nicht gegen das Urheberrecht verstoßen hat das Magazin „Focus“, als es im November 1996 einen Artikel mit einem Ausriss der Titelseite der „Bild-Zeitung“ aus der Vorwoche illustriert hat, in dem neben der Schlagzeile „Bohlens Frau – So hat er mich zugerichtet“ ein exklusives Pressefoto von Verona Feldbusch mit blauem Auge, Pflaster und Verband zu erkennen ist. Das entschied der Bundesgerichtshof am 11. Juli 2002 (Az. I ZR 285 / 99).
Der Axel Springer Verlag hatte gegen das Magazin auf Unterlassung und Schadensersatz geklagt. Hingegen schlossen sich die Karlsruher Richter wie die Vorinstanz der Auffassung des „Focus“ an, der sich auf eine Bestimmung des Urheberrechtsgesetzes berufen hatte, durch die die Befugnisse des Urhebers eingeschränkt werden. Danach dürfen geschützte Werke, die bei einem Tagesereignis sichtbar werden, im Zuge der Berichterstattung in der Presse wiedergegeben werden.
Der BGH hat diese Bestimmung, die normalerweise für die Berichterstattung über Ausstellungseröffnungen eine Rolle spielt, auch in diesem Fall herangezogen. Maßgeblich dafür war, dass das aktuelle Ereignis, über das der „Focus“ berichtet hatte, nicht die Auseinandersetzung der damaligen Eheleute Bohlen und Feldbusch war, sondern der Umstand, dass sich Verona Feldbusch mit ihren Vorwürfen an die „Bild“ gewandt hatte. In diesem Zusammenhang spielte das Foto eine wesentliche Rolle, weil schon in der „Bild“-Schlagzeile darauf verwiesen wurde.
lü
Domainnamen-Datenbank der WIPO ist online
Die Domainnamen-Datenbank der UN-Organisation für geistiges Eigentum WIPO (World Intellectual Property Organization) ist seit Juli unter der Internetadresse http://arbiter.wipo.int/domains/search online. Sie enthält detaillierte Informationen über tausende Fälle von Rechtsstreitigkeiten über Domainnamen, die vom Schieds- und Mediationszentrum der WIPO als höchster Instanz für Service-Provider im Rahmen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) entschieden wurden. Die Datenbank ist über eine mehrsprachige Suchmaschine – Englisch, Französisch und Spanisch – erschließbar.
lü