Pressefreiheit

Im Bundestag liegen derzeit zwei Entwürfe von Bündnis 90 / Grüne und FDP zur Stärkung der Pressefreiheit in Deutschland und dafür notwendige Veränderungen im Strafrecht auf dem Tisch. Anlass für diese Vorschläge sind sich häufende Eingriffe der Ermittlungsbehörden in die Hoheit von Redaktionen und Journalisten.

Allein in den letzten fünf Monaten wurden die Redaktionen von Cicero in Potsdam, des Bochumer Internetportals LabourNet, von anti atom aktuell (aaa) im Kreis Lüchow-Dannenberg und die Räume des Münchner Journalisten und NPD-Beobachters Nikolaus Braun durchsucht, auf Computerdaten und Aufzeichnungen zugegriffen. Jüngstes bekannt gewordenes Beispiel ist die Telefonüberwachung von zwei Journalisten der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung, sowohl in der Redaktion als auch privat. Als Türöffner reichte jeweils der schwammige Verdacht für einen Straftatbestand aus. Im Nachhinein von Politikern und auch per Gerichtsurteil meist als „rechtswidrig“ eingestuft, bleibt unterm Strich die Erlangung von Informationen über die Aushebelung des Redaktionsgeheimnisses und des Quellenschutzes. Das im Grundgesetz verbriefte und einer Demokratie wesenseigene Recht auf Pressefreiheit wurde verletzt. Es besteht also akuter Handlungsbedarf!
Noch einiges mehr zu tun im Ringen um Pressefreiheit, ist wahrlich in vielen anderen Staaten der Erde. Auch in diesem Jahr kommen wir am Tag der Pressefreiheit am 3. Mai nicht umhin, an jene KollegInnen zu denken, die bei der Arbeit ihr Leben verloren. Allein im Irak starben seit Kriegsbeginn 86 Journalisten, 38 Medienleute wurden entführt. In zahlreichen Ländern sind gewalttätige Übergriffe, Morde, Verhaftungen, ebenso wie politische, rechtliche und ökonomische Einflüsse etwa durch staatliches Monopol, in Form von Zensur und restriktiver Anwendung von Presse- und Strafgesetzen keine Seltenheit. So wurden in Weißrussland fünf Tage nach der umstrittenen Wiederwahl  Alexander Lukaschenkos 26 unabhängige JournalistInnen festgenommen. Etwa die Hälfte von ihnen war Ende März noch in Haft, darunter auch zahlreiche ausländische Berichterstatter. Unter Lukaschenko werden Medienvertreter seit Jahren in ihrer Arbeit behindert. Es gibt willkürliche Festnahmen, Redaktionen werden geschlossen und Druckverträge unabhängiger Zeitungen gekündigt. (M 4 / 2006) Der iranische Journalist Akbar Ganji, Herausgeber der 1997 verbotenen Wochenzeitschrift  Rah-e-No, wurde dieser Tage nach sechs Jahren Gefängnis freigelassen. Ihm war wegen seiner Artikel unter anderem „Propaganda gegen die islamische Republik“ vorgeworfen worden. Vier Journalisten und zwei Web-Blogger sind in Teheran noch hinter Gittern (S. 31). Am 3. Mai wird Reporter ohne Grenzen wieder die Rangliste der Pressefreiheit in etwa 165 Ländern herausgeben. Sie belegt, wie notwendig es ist, nicht nachzulassen im Kampf um Pressefreiheit weltweit (www.reporter-ohne-grenzen.de).

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »

Lokaljournalismus verliert Quellen

Viele Städte und Gemeinden betreiben inzwischen ihre eigenen Social Media Kanäle und ihre eigene Informationsstrategie. Auch Akteure wie Polizei und Feuerwehr setzen immer mehr auf direkte Kommunikation – was Vorteile hat. Gleichzeitig, so der Verband der Deutschen Zeitungsverleger (VDL), erschwert diese Entwicklung die Arbeit von Lokalkjournalist*innen. Eine Sendung des Deutschlandfunks hat nachgefragt.
mehr »

Deutsche-Welle: Beschäftigte wehren sich

Mitarbeiter*innen der Deutschen Welle (DW) protestieren an der Marschallbrücke in Berlin gegen die geplanten massiven Kürzungen im Etat des deutschen Auslandssenders. Sie wollen bis Freitag jeweils frühmorgens Bundestagsmitglieder auf ihrem Weg ins Parlament um Unterstützung für eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Deutschen Welle bitten.
mehr »