Rundfunkräte gehen auf Sendung

Tablet liegt auf einem Tisch. Schreibende Hand daneben.

Der SWR-Rundfunkrat tagte öffentlich und kann per Livestream verfolgt werden. Foto: SWR

Von den Rundfunkräten der neun ARD-Landesrundfunkanstalten gibt es inzwischen bei sechs Gremien eine Livestream-Übertragung ihrer Sitzungen. Dabei handelt es sich um die Rundfunkräte vom BR, RBB, SWR, NDR, HR und dem SR, wie Nachfragen bei den ARD-Aufsichtsorganen ergeben haben. Ein Fortschritt in Sachen Transparenz. Schließlich berät das Gremium über alle grundsätzlichen Fragen zu Angeboten, Struktur und Finanzen der Sender.

Als bisher letztes Gremium kam Ende 2023 der SR-Rundfunkrat hinzu, nachdem eine solche gesetzliche Vorgabe eingeführt worden war. Außerdem gehört dazu noch der ZDF-Fernsehrat, der seit Ende 2020 seine Sitzungen streamt und hier der Vorreiter unter den öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien war. Die Rundfunkräte von WDR, MDR und Radio Bremen verzichten bisher auf ein solches Angebot. Ebenso der Hörfunkrat des Deutschlandradios. Insgesamt gibt es damit ein Livestreaming bei sieben der elf Aufsichtsgremien, die bei den Sendeanstalten vor allem für die Programmkontrolle zuständig sind. Die Verwaltungsräte, die die Finanzen der Anstalten beaufsichtigen, tagen stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Für mehr Transparenz

Die sieben Gremien, bei denen die Sitzungen übertragen werden, verweisen darauf, dass dadurch ihre Arbeit transparenter werde. Das Livestreaming ermögliche, wie etwa die Geschäftsstelle des RB-Rundfunkrats erklärte, „einen niederschwelligen, ortsunabhängigen und transparenten Zugang zu den Beratungen und Beschlüssen des Gremiums“. Die Livestream-Nutzer könnten „sich so ein eigenes Bild über das Meinungsspektrum und die Diskussionsprozesse innerhalb des Gremiums machen“, teilte das Büro das ZDF-Fernsehrats mit. Für den HR-Rundfunkrat geht es, wie das Gremienbüro mitteilte, auch darum, „Dialogbereitschaft zu signalisieren“.

Die Rundfunkräte

überwachen die Einhaltung des gesetzlichen Sendeauftrags. Zudem sollen sie im Sinne des vom Gesetzgeber erdachten Vielfaltssicherungskonzepts die Offenheit des Zugangs zum Programm der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für verschiedene gesellschaftlich relevante Gruppen garantieren.

Dass es in der ARD beim Livestreaming von Rundfunkratssitzungen nicht zu einem einheitlichen Vorgehen kam, hat für die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) des Senderverbunds verschiedene Gründe, wie deren Geschäftsstelle erklärte: Sitzungen zu übertragen, sei eine Entscheidung der jeweiligen Rundfunkräte, sofern es nicht gesetzlich gefordert sei. Das sei nur bei einigen Landesrundfunkanstalten der Fall. Es gebe auch unterschiedliche Anforderungen an den Datenschutz. Die GVK, der im Wesentlichen die Vorsitzenden der Rundfunkräte und der Verwaltungsräte der Landesrundfunkanstalten angehören, kündigte an, das Thema in ihrer nächsten Sitzung im September aufzugreifen.

Interesse am Livestream

Der MDR-Rundfunkrat hat sich zuletzt im Frühjahr damit befasst, ob es ein Livestreaming seiner öffentlichen Sitzungen geben soll. Mehrheitlich habe der Rundfunkrat entschieden, die Vorschrift, dass die Sitzungen öffentlich seien, dadurch zu erfüllen, dass „die Sitzungen weiterhin in Präsenzform für Rundfunkratsmitglieder und interessierte Öffentlichkeit stattfinden“, erklärte das MDR-Gremienbüro.

Beim Rundfunkrat von Radio Bremen verweist dessen Vorsitzender Klaus Sondergeld darauf, dass es bisher kaum Interesse an einem Livestream von den Sitzungen gebe. Daher habe der Rundfunkrat „davon Abstand genommen, die vergleichsweise hohen Kosten für die Realisierung eines qualitätvollen Streams der mehrstündigen Sitzung zu Lasten des Senders aufzubringen“. Ob ein Livestream sinnvoll sei, werde regelmäßig im Gremium beraten.

Der WDR-Rundfunkrat plane ein Streaming seiner Sitzungen, sobald man wieder in den Räumlichkeiten des WDR tagen könne, erklärte die Geschäftsstelle des Rundfunkrats. Seit einiger Zeit fänden die öffentlichen Sitzungen an externen Orten statt, vor allem im Stiftersaal des Wallraf-Richartz-Museums in Köln. Dort lasse sich ein Streaming nur mit hohem finanziellen Zusatzaufwand realisieren, weswegen der Rundfunkrat davon absehe. Nach der Sanierung des WDR-Filmhauses werde das Gremium dort in einem Konferenzraum tagen, der mit entsprechender Technik ausgestattet sein werde. Dann sollen die Sitzungen auch gestreamt werden. Ein Zeitpunkt dafür stehe noch nicht fest. Ab Sommer 2025 werden laut der Rundfunkratsgeschäftsstelle sukzessive die Umzüge in das Filmhaus beginnen.

Bedenken wegen Datenschutz

Beim Deutschlandradio habe sich der Hörfunkrat in der vergangenen Amtsperiode „nach Abwägung datenschutzrechtlicher Aspekte“ gegen ein Livestreaming seiner Sitzungen entschieden, erklärte die Vorsitzende Katrin Hatzinger. Anfang 2024 habe die neue Amtsperiode des Gremiums begonnen. Im September werde der Hörfunkrat über das Thema Datenschutz mit Experten beraten: „Das Thema Streaming wird in diesem Zusammenhang erneut aufgerufen“, so Hatzinger.

Die sieben Gremien, die bislang ihre Sitzungen streamen, erreichen teilweise höhere dreistellige Nutzungszahlen. Unklar ist es, wie hoch dabei der Anteil von Senderbeschäftigten ist. Beim BR-Rundfunkrat verfolgten laut seiner Geschäftsstelle die Sitzungen im Zeitraum Januar 2023 bis Juli 2024 im Schnitt 757 Personen übers Internet. Der SWR-Rundfunkrat verwies auf eine niedrige dreistellige Zahl. Beim NDR-Rundfunkrat seien es 2023 im Schnitt 110 Aufrufe pro Sitzung gewesen, teilte das Gremienbüro mit. Beim SR-Rundfunkrat lagen laut seinem Vorsitzenden Thomas Jakobs die Abrufe pro Sitzungstag im zweistelligen Bereich. Als im Juli 2021 der ZDF-Fernsehrat Norbert Himmler zum neuen Intendanten der Fernsehanstalt wählte, wurden über 12.000 Sichtungen registriert. Der RBB-Rundfunkrat erfasst die Zahl der Livestream-Nutzung nicht.

Bei den Rundfunkräten von HR und NDR wird die Öffentlichkeit der Sitzungen nun ausschließlich via Livestream hergestellt. Teilnahmen an den Sitzungen vor Ort sind nicht möglich. Die Kosten für die Livestreams liegen bei den Rundfunkräten von SWR und BR im niedrigen bis mittleren vierstelligen Euro-Bereich.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »