Der Bundestag hat heute das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) verabschiedet, das die gesetzlichen Schranken für Bildung, Wissenschaft und Forschung neu strukturiert. Es regelt, welche urheberrechtlich geschützten Werke an Universitäten und Bildungseinrichtungen erlaubnisfrei genutzt werden dürfen. Bis zuletzt waren einzelne Regelungen stark umstritten. Erst drei Tage vor der Abstimmung konnten sich Union und SPD auf einen Kompromiss verständigen.
Die Nutzungsrechte von urheberrechtlich geschützten Werken wurden vereinfacht: Hochschulen und Bibliotheken dürfen bis zu 15 Prozent eines Werkes Studierenden kostenfrei ohne Verlagsgenehmigung zugänglich machen. Außerdem dürfen die Werke in elektronische Semesterapparate eingestellt werden. Artikel von Fachzeitschriften, nicht aber von Tageszeitungen, dürfen lizenzfrei genutzt werden. Dozenten müssen nicht aufwendig prüfen, ob es seitens der Verlage ein „angemessenes Lizenzangebot“ gibt. Die Nutzung soll für Autor_innen pauschal vergütet werden. Die VG Wort hatte dafür plädiert, die Abrechnung von Einzelnutzungen zu ermöglichen. Wissenschaftler können für die eigene Forschung bis zu 75 Prozent eines Werks verwenden. Auch werden erstmals Kopien im Rahmen von Data-Mining erlaubt. Bibliotheken dürfen an Leseterminals in ihren Räumlichkeiten je Sitzung bis zu zehn Prozent eines Werks verfügbar machen und Kopien „auf Einzelbestellung“ anfertigen. Allerdings sollen vertragliche Vereinbarungen mit Verlagen Vorrang haben.
Begrüßt wurde das Gesetz von Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen. Verlagsvertreter hingegen zeigen sich enttäuscht, da sie einen Lizenzvorrang gefordert hatten. Diese Forderung hatten auch Unionspolitiker zuletzt noch unterstützt. Auf Druck der SPD fand die Koalition jedoch zu einem Kompromiss: Die Regelungen sind auf fünf Jahre bis Ende Februar 2023 befristet. Die SPD-Bundestagsfraktion verspricht, sich künftig für eine Entfristung einzusetzen. Außerdem soll eine angemessene Verlegervergütung gefunden werden.
Alexander Skips, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Bundeshandels, hatte in harschen Worten den Gesetzesentwurf als „verfassungswidrig“ kritisiert, da er die Bildungs- und Wissenschaftsverlage „enteigne“ und die Publikationslandschaft „bedrohe“. Skipis setzte auf den Aufbau einer zentralen Online-Lizenzierungsplattform, über die Bibliotheken und Bildungseinrichtungen einfach Lehrbücher und andere Lehrmedien der Verlage lizensieren sollten.
Die Verlage können jedoch nun in den nächsten fünf Jahren neue Angebote entwickeln, für die sie extra Lizenzgebühren verlangen können. „Diese Wissenschaftsschranke mit einer Pauschalvergütung ist ganz wichtig, damit die Texte und Bücher auch wirklich genutzt werden können“, betonte der CDU-Bildungspolitiker Michael Kretschmer gegenüber dem Deutschlandfunk. Er hält es für ein „interessantes Geschäftsmodell“, dass „alles was man darüber hinaus haben möchte, Karten die vergrößert werden können, Anwendungen die über den Text hinausgehen“ speziell vergütet werden kann.