Urheberrecht gilt auch für elektronische Archive

BGH-Urteil zugunsten der Verlagsgruppe Handelsblatt ist für diese nicht unproblematisch

Die Verwertung von Artikeln und Fotos aus Zeitungen und Zeitschriften für unternehmenseigene elektronische Pressearchive bedarf der Zustimmung der Rechtsinhaber. Das hat der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 11. Dezember 1998 entschieden (Az.: I ZR 100/96). Damit wurde in Karlsruhe höchstrichterlich ein Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf (OLG) zugunsten der Verlagsgruppe Handelsblatt bestätigt. Die beklagte Gesellschaft für elektronische Archivierung A.R.C.U.S. in Hamburg unterstützt Wirtschaftsunternehmen beim Aufbau elektronischer Pressearchive. Von Kunden gekennzeichnete Beiträge werden eingescannt, an das Archivsystem des Auftraggebers angepaßt und dem Kunden auf elektronischen Datenträgern zur Verfügung gestellt. Dabei wurden auch Artikel aus dem „Handelsblatt“ und der „Wirtschaftswoche“ verwertet.

Während die Düsseldorfer Richter der Unterlassungsklage besonders unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs stattgegeben hatten (siehe M 3/97), steht bei der BGH-Entscheidung die Verletzung der Urheberrechte im Vordergrund. Die elektronische Archivierung von Schriftwerken setze Vervielfältigungen voraus, die dem Urheber vorbehalten seien. Auf die Schranken des Urheberrechts zugunsten von Vervielfältigungen zur Aufnahme in ein eigenes Archiv (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG), könne sich die Beklagte nicht berufen.

In elektronischen Archiven, auf die eine praktisch unbegrenzte Zahl von Personen mit geringem Zeitaufwand – auch zeitgleich und aus räumlicher Distanz – zugreifen können, würden geschützte Werke weit intensiver als bei herkömmlichen Archiven genutzt. Dies könne auch dazu führen, daß Unternehmen als Folge auf Mehrfachabonnements der ausgewerteten Publikationen verzichten würden. Der BGH hat im Unterschied zum OLG Düsseldorf die Ansicht vertreten, daß das Vorgehen gegen die Verletzung von Urheberrechten grundsätzlich den Rechtsinhabern vorbehalten ist und Mitbewerber deshalb aus der Verletzung fremder Rechte im allgemeinen keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche herleiten können. Deshalb wurde die Sache zur weiteren Aufklärung an das OLG zurückverwiesen. Es soll die Legitimation des Verlages prüfen, die Urheberrechte geltend zu machen.

Das höchstrichterliche Urteil ist für die Verlagsgruppe Handelsblatt und die für Printmedien tätigen Journalisten eine wichtige Entscheidung, für die Klägerin aber nicht ganz unproblematisch. Zur Verlagsgruppe gehört nämlich auch die Online-Datenbank GENIOS, die Millionen von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln zum kostenpflichtigen Abruf anbietet. Die freien und angestellten Journalisten wurden in vielen Fällen weder gefragt, noch erhalten sie eine Vergütung.

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Breiter Protest für Rundfunkfinanzierung

Anlässlich der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten (MPK) in Leipzig fordert ver.di die Fortführung des Reformdiskurses über die Zukunft öffentlich-rechtlicher Medienangebote und über die Strukturen der Rundfunkanstalten. Die notwendige Debatte darf die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten jedoch nicht daran hindern, ihren vom Bundesverfassungsgericht zuletzt im Jahr 2021 klargestellten Auftrag auszuführen: Sie müssen im Konsens die verfassungsmäßige Rundfunkfinanzierung freigeben.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Der Rotstift beim Kinderfernsehen

ARD und ZDF halten es nicht für sinnvoll, wenn die Bundesländer im Reformstaatsvertrag einen fixen Abschalttermin für das lineare Programmangebot des Kinderkanals KiKa festlegen. Die lineare Verbreitung zu beenden, sei „erst dann sachgerecht, wenn die weit überwiegende Nutzung eines Angebots non-linear erfolgt“, erklärten ARD und ZDF gemeinsam auf Nachfrage. „KiKA bleibt gerade für Familien mit kleinen Kindern eine geschätzte Vertrauensmarke, die den Tag linear ritualisiert, strukturiert und medienpädagogisch begleitet.“
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »