Versammlungen im Mai in München und Berlin
Bedeutung und Aufgaben von Verwertungsgesellschaften wachsen im Multimedia-Zeitalter. Bei der VG Wort werden im Mai die Gremien neu gewählt.
An die Verwertungsgesellschaft Wort erinnern sich die Autoren und Journalistinnen in der Regel meist nur zweimal im Jahr: im Januar, wenn die Meldekarten (beispielsweise für Presse-Repro) eingeschickt werden müssen, und im Juni, wenn der Brief mit dem Verrechnungsscheck kommt.
Doch Verwertungsgesellschaften sind keine fremdbestimmten Verwaltungsapparate, wie viele meinen, sondern quasi Selbstorganisationen von Urhebern – auf eigener gesetzlicher Grundlage. Deshalb haben die Urheber auch den entscheidenden Einfluß auf ihre Tätigkeit.
Bei der VG Bild-Kunst beispielsweise können sie selbst an den Mitgliederversammlungen teilnehmen, sind wahl- und abstimmungsberechtigt oder können ihre Stimme ihrem Interessenverband (also zum Beispiel der IG Medien) übertragen. Im Vergleich dazu hat bei der VG Wort die Masse der dort gemeldeten Urheber (sie werden Wahrnehmungsberechtigte genannt) allerdings nur wenige Mitwirkungsmöglichkeiten.
Die „Mitgliederbasis“ der VG Wort besteht nur aus etwa 320 Personen. Denn um Mitglied werden zu können, muß man einen bestimmten Mindestsatz an Urhebervergütungen von der VG erhalten haben, als Journalist zum Beispiel durchschnittlich 4000 Mark jährlich in den letzten drei Jahren, als Belletristikautor 2000 Mark. Diese für die meisten kaum zu überwindenden Hürde ist in der VG Wort mittlerweile umstritten.
Eine Einflußmöglichkeit haben die Wahrnehmungsberechtigten immerhin. Alle vier Jahre wählen sie Delegierte, die an den Mitgliederversammlungen gleichberechtigt teilnehmen. Die VG Wort besteht aus sechs Berufsgruppen, drei für Autoren, Journalisten und Übersetzer sowie drei für Verleger. Die Berufsgruppen 1 (literarische Schriftsteller und Übersetzer), 2 (Journalisten, Sachbuchautoren und -übersetzer) und 3 (wissenschaftliche Autoren) wählen je fünf Delegierte, das nächste Mal auf der Versammlung der Wahrnehmungsberechtigten am 21. Mai 1999 in München.
Die Mitgliederversammlung findet dann am nächsten Tag statt. Sie hat nicht nur entscheidenden Einfluß auf die Wahrnehmung von Urheberrechten durch die VG Wort und die Verteilung der Vergütungen, sondern wählt diesmal auch einen neuen Verwaltungsrat. Er besteht aus 21 Mitgliedern, davon je fünf aus den Berufsgruppen 1 und 2. Der Verwaltungsrat wählt in diesem Jahr einen neuen Vorsitzenden, da die bisherige Vorsitzende, die Bühnenverlegerin Dr. Maria Müller-Sommer, nicht wieder kandidiert. Ihr Stellvertreter ist derzeit der Journalist Lutz Franke (IG Medien).
Der Verwaltungsrat bestellt den Vorstand der VG Wort, der zur Zeit aus den drei ehrenamtlichen Mitgliedern Horst Pillau (Schriftsteller), Prof. Dr. Gerhard Schricker (wissenschaftlicher Autor und renommierter Urheberrechtler) und Ulrich Staudinger (Verleger) sowie dem Geschäftsführende Vorstandsmitglied Prof. Dr. Ferdinand Melichar besteht.
Angesichts der Urheberrechtsverletzungen im Online-Bereich oder des Versuches von Zeitungs- und Zeitschriftenverleger, das Zukunftsgeschäft mit elektronischen Pressespiegeln ohne Zahlung von Autorenabgaben alleine zu machen, sind Journalisten, Schriftsteller und Übersetzer auf starke, handlungsfähige Verwertungsgesellschaften angewiesen, die ihre Interessen da wahrnehmen, wo sie individuell nicht durchzusetzen sind. Eine Möglichkeit, die VG Wort dabei zu unterstützen, ist die Teilnahme an ihren Versammlungen.