Ein Versuch: Politische, indirekte Einflussnahme auf Rundfunkinhalte über den Geldhahn
Er gilt als starker Mann der CDU-Medienpolitik: Johannes Beermann. Die Ministerpräsidenten haben ihn als Leiter der AG Beitragsstabilität beauftragt, bis zum Jahr 2014 die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu konkretisieren und Vorschläge zu machen, wie die Finanzierung von ARD und ZDF langfristig legitimiert werden kann. Erste Antworten und einen grundsätzlichen Lösungsansatz stellte er bei „ver.di im Gespräch“ am 5. Mai in Mainz vor. Moderator Uli Röhm hinterfragte die CDU-Positionen zur Medienpolitik und legte offen, welche Brisanz dieser politische Ansatz birgt.
Es klingt gut, was Johannes Beermann sagt: „Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem in Deutschland ist eines der besten der Welt.“ Damit das so bleibe, wolle er ARD und ZDF langfristig zukunftsfest machen und deren Legitimation stärken. Natürlich soll die Programmqualität hoch bleiben und auch künftig ein Programm gemacht werden können, bei dem sich die ganze Familie gemeinsam vor der Mattscheibe als medialem Lagerfeuer versammeln kann. Und auch wenn es um die Finanzen geht, sieht sich der Leiter der Sächsischen Staatskanzlei als Interessenvertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Denn wenn diese Leistungen den Beitragszahler nicht mehr kosten sollen, dann sichere das die Akzeptanz der Finanzierungsgrundlage und damit die Legitimation von ARD und ZDF.
Wer Beitragsstabilität will, der bekommt Applaus von Beitragszahlern, die ja auch Wähler sind. Beifall klatschen werden aber zudem die privaten Medienkonzerne, weil die öffentlich-rechtliche Konkurrenz finanziell gedeckelt werden würde. Für die öffentlich-rechtlichen Programmmacher ist das alles andere, als eine frohe Botschaft. So erkennen die Zuhörer in der Meistermannhalle des ZDF hinter den wohlgesetzten Worten die Widersprüche und die Sprengkraft der eloquent vorgetragenen Argumentation.
Tätigkeitsumfang reduzieren
Es geht um den Zusammenhang zwischen Finanzierung und Aufgabenbeschreibung. Dass beides miteinander zu tun hat, ist ebenso unstreitig wie in der konkreten Ausgestaltung umstritten. Die Politik darf nicht über die Finanzierung Einfluss auf das Programm nehmen, darüber herrscht Einigkeit. Die Finanzausstattung, so hat das Bundesverfassungsgericht der Politik ins Stammbuch geschrieben, muss „funktionsgerecht“ sein, d.h. die Anstalten müssen genügend Geld haben, um ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen zu können. Das weiß auch Beermann. Selbstverständlich werde er sich nicht die Aufgaben der KEF einmischen, die den Finanzbedarf der Anstalten ermittelt, sagt er auf kritische Nachfragen Röhms. Und schon gar nicht werde die Politik die Programmautonomie der Anstalten in Frage stellen, versichert er treuherzig. Niemand hat also die Absicht, sich in die konkrete Programmarbeit einzumischen.
Und deshalb schlägt Beermann einen anderen Weg zur Einflussnahme ein, ohne dabei sein politisches Ziel aus den Augen zu verlieren: „17,98 Euro sind die Messlatte“, sagte er in einem Interview mit dem medienpolitischen Magazin promedia. Und ohne Umschweife gibt er dort zu: „Zur Not sind wir bereit, die Aufgaben so zu verringern, dass diese Messlatte sicher nicht gerissen wird.“
Bei ver.di im Gespräch formuliert er weniger deutlich, aber sein Ansatz bleibt erkennbar, wenn er feststellt: „Es ist unsere Aufgabe, den ordnungspolitischen Rahmen festzulegen und Grenzen abzustecken.“ In der Praxis heißt das dann: Wenn das öffentlich-rechtliche Betätigungsfeld nicht mehr mit den vorhandenen Finanzmitteln bewirtschaftet werden kann, dann muss man den Tätigkeitsumfang reduzieren. Die Konsequenzen nennt Beermann nicht. Dabei liegen sie auf der Hand: Der öffentlich-rechtliche Auftrag würde nicht mehr anhand funktionaler Kriterien definiert, sondern orientiert sich an finanziellen Vorgaben. Es ginge nicht mehr darum, welche Funktionen ARD und ZDF erfüllen sollen, sondern darum, welche Aufgaben sie mit den vorhandenen Finanzen erfüllen können. Da die Politik nicht den Finanzumfang bestimmen kann, der zur Auftragserfüllung notwendig ist, reduziert sie den Auftrag. Die KEF würde den Finanzbedarf entsprechend reduzieren und die Politik hätte auf indirektem Weg erreicht, was ihr auf direktem Weg untersagt wäre: die Programminhalte über die Gelder zu steuern.
Solche Ziele weist Beermann bei „ver.di im Gespräch“ weit von sich. „Nein, es geht nicht darum, konkrete Programmausgaben zu kontrollieren“, versicherte er. „Nein, natürlich wollen wir nicht den Umfang der Beschäftigung vorschreiben“. Aber es müsse doch erlaubt sein, zu fragen, ob zum Beispiel der technische Aufwand notwendig sei, ob die Vorberichterstattung bei Fußballspielen ausgeweitet werden müsse. Und die Überlegung, sich auf Informationsprogramme zu konzentrieren, sei doch legitim. Schließlich setze die Funktionsfähigkeit des demokratischen Systems politisch informierte Bürger voraus – und das könne nur das öffentlich-rechtliche System leisten. Wie man mit einer politischen Dokumentation die breite Masse ansprechen könne, das sei Aufgabe der Redakteure, erklärte Beermann auf Nachfragen aus dem Publikum.
Alles wird gut, nur für wen?
Beermann schien zu spüren, welche Irritationen seine Ansichten bei den Betroffenen ausgelöst hatten. „Wir werden uns zanken müssen“, kündigte er an und wiederholte, dass es ihm nur darum gehe, das öffentlich-rechtliche Angebot auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen. Seine tröstenden Schlussworte: „Haben Sie keine Angst, alles wird gut.“ Die Frage ist nur: Für wen?