Darmstadt: Insolvenzverwalterin sucht Käufer für Druckerei
Es klingt paradox: Die Maschinen der apm-Druckerei in Darmstadt laufen rund um die Uhr. Weil das 150-köpfige Personal nicht ausreicht, sind Leiharbeiter im Betrieb. Bis Jahresende gibt es reichlich zu tun. Auch für 2019 hat das Unternehmen Produktionsverträge. Trotzdem stellte die Geschäftsführung beim Amtsgericht Darmstadt einen Insolvenzantrag.
Seit dem 1. Oktober läuft das Insolvenzverfahren für die apm Produktions-GmbH. Die Frankfurter Insolvenzverwalterin Julia Kappel-Gnirs kündigte am 26. Oktober 30 Beschäftigten. Zehn Frauen und 20 Männer müssen spätestens am 31. Januar das Unternehmen verlassen. Sie können wegen gesetzlicher Vorgaben auf maximal 2,5 Monatsgehälter Abfindung hoffen, sagt ver.di-Fachbereichsleiter Manfred Moos. Der Betriebsrat wurde bei den Sozialplanverhandlungen von ver.di-Beratern unterstützt.
Die Gewerkschaft bemüht sich auch aus eigenem Interesse, den im Oktober mit dem „Druck & Medien Awards 2018 für nachhaltige Printproduktion“ in Gold ausgezeichneten Betrieb, zu retten. Denn ver.di lässt achtmal im Jahr die knapp zwei Millionen starke Auflage ihrer Mitgliederzeitung Publik bei apm drucken, ebenso wie Menschen Machen Medien, Druck + Papier und weitere ver.di-Fachbereichspublikationen. Die IG Metall ist ebenfalls Großkundin der Druckerei. „Wir hoffen, dass wir weiter mit der apm-Belegschaft zusammenarbeiten können. Die Drucktermine für das nächste Jahr stehen bereits fest“, sagt Thomas Köhler, Vertriebsleiter für die Metallzeitung. Außerdem könne man 2,3 Millionen Exemplare nicht mal eben woanders drucken lassen. Das gilt auch für den Druck der ver.di-Publikationen 2019.
Der Druck-Dienstleister in Darmstadt ging aus einem Gewerkschaftsbetrieb hervor – der traditionsreichen Union-Druckerei in Frankfurt. Sie wurde 2003 geschlossen. Deren Geschäftsfelder, Kunden und ein Teil der Belegschaft wurden von der Alpha Print Medien (apm) übernommen. Drei Jahre später übernahm eine Investorengruppe unter Führung von Torsten Voß und Andrew Seidl aus Dresden die Alpha Print Medien AG. „Die finanziell gut ausgestattete AG war damals offenbar höchst attraktiv für Voß und Seidl“, sagt Manfred Moos. Allerdings seien die beiden ihrem Ruf als Investoren nicht gerecht geworden. „Das Kapital ist offensichtlich aufgebraucht. Eigenes Geld haben Voß und Seidl nach unserer Kenntnis nie in den Betrieb gesteckt, obwohl der Maschinenpark erneuert werden müsste.“
„Gut eine Million Euro betrug seit zwölf Jahren das jährliche Defizit“, sagt dagegen der apm-Gesellschafter Torsten Voß. „Wir kommen mit dem Unternehmen nicht auf einen grünen Zweig. Wir haben zu viel Personal an Bord“. Dem widerspricht Andreas Fröhlich, Gewerkschaftssekretär beim ver.di-Bundesvorstand: Nicht zu viel Personal, sondern zu wenig unternehmerisches Können ist das Problem der apm. Das Vertrauen in die Gesellschafter Voß und Seidl sei erschöpft. Die hatten Anfang 2017 den Betrieb aufgeteilt. Die Belegschaft landete bei der apm Produktions-GmbH, die nun im Insolvenzverfahren steckt. Die apm-AG von Voß und Seidl hingegen verfügt frei über die Maschinen und Kundenaufträge – dort hat die Insolvenzverwalterin nichts zu sagen.
Die gewerkschaftlichen Druck-Kunden wollen einerseits die verbliebenen Jobs der apm am Standort Darmstadt retten. Andererseits wären sie froh, nicht weiter mit Torsten Voß zusammenarbeiten zu müssen. Auch deshalb, weil der Unternehmer mit Maximilian Krah befreundet ist, – dem stellvertretenden AfD-Landesvorsitzenden in Sachsen. Zusammen hielten sie jüngst zwei wirtschaftpolitische Vorträge, die von der AfD verbreitet werden. Das sei keine Aktivität für die AfD gewesen, sagt Voß. Ob er AfD-Mitglied ist, lässt er auf Nachfrage offen.
Nun wird der Verkauf beider apm-Teile angestrebt – also der Aktiengesellschaft mit Druckerei und Maschinen und der GmbH mit dem Personal. Es gibt laut Voß „drei Kandidaten, die bei uns in der Planung stehen“. Ein interessierter Manager aus der Branche sagt: „Wir wollen den Standort erhalten und fortführen.“ Allerdings gestalte sich der Verkaufsprozess sehr langsam. Manfred Moos von ver.di hofft, dass apm bald verkauft ist, damit die restliche Belegschaft vor Ort in sicheren Verhältnissen die lukrativen Druckaufträge weiter erledigen kann. Der Käufer dürfe nicht einfach apm schließen und die apm-Aufträge von eigenen Leuten oder Leiharbeitern erledigen lassen. In diesem Fall würden die Gewerkschaften ihre Aufträge kündigen. Moos: „Wenn Voß und Seidl nicht verkaufen, dann werden alle verlieren.“