Alles aus einem Topf

Funke gründet Zentralredaktion in Berlin

Aus einer neu eingerichteten Zentralredaktion will die Funke Mediengruppe zukünftig ihre zehn Regionalzeitungen in der Republik mit journalistischen Inhalten aus der Hauptstadt versorgen. Auswirkungen auf das Personal scheinen noch nebulös.


In einem ersten Schritt werden nach Funke Informationen die Berliner Morgenpost und das Hamburger Abendblatt mit überregionalen Inhalten aus Politik und Wirtschaft beliefert. Diese hatten Inhalte für ihren Mantelteil bisher von der Welt bezogen. In einem zweiten Schritt werden auch die vier NRW-Titel der Gruppe „national relevante Inhalte“ aus Berlin übernehmen. Sie werden bislang vom Essener Contentdesk beliefert. Auch Panorama- und Wissensseiten können zukünftig aus Berlin bezogen werden.
Chefredakteur der Zentralredaktion, deren Standort in Berlin bislang noch unklar ist, wird der Ex-Focus Chef Jörg Quoos. Er hat seinen neuen Job in einem provisorischen Büro Mitte Februar angetreten und soll eng mit Thomas Kloß zusammenarbeiten, der neuer Chefredakteur Digital der Funke Gruppe wird und die Zusammenarbeit zwischen der Zentrale und den regionalen Standorten koordinieren soll. Das Führungsduo wird zusammen mit den Chefredakteuren der Regionalmedien eine Konzeption für den neuen Zentral-Desk erarbeiten. Von dieser, so die Funke Pressestelle, hänge die personelle Besetzung in Berlin ab. Grundsätzlich könnten sich alle Mitarbeiter auf einen der attraktiven Jobs in der Hauptstadtredaktion bewerben. Was das für die Stellensituation insgesamt bedeute, so Pressesprecher Tobias Korenke, könnte zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.
Die NRW-Betriebsräte von WAZ, NRZ und Westfalenpost haben die begründete Sorge, dass erneut ein Sparprogramm größeren Ausmaßes gestartet wird. Um erneut ihre Interessen zu vertreten, haben sie deshalb gemeinsam Rechtsanwalt Helmut Platow engagiert, der lange Jahre in der ver.di-Rechtsabteilung in Berlin tätig war. Er hatte die NRW-Betriebsräte schon beraten, als ab 2008 noch unter Geschäftsführer Bodo Hombach 300 Stellen in den Redaktionen in NRW abgebaut wurden. Offiziell sei man noch gar nicht von der Geschäftsführung informiert worden, weder über das Projekt in Berlin, das in Form einer neuen Firma umgesetzt wird, noch über die Folgen für den Essener Content Desk und die angeschlossenen NRW-Zeitungen.
Die Belegschaft des Hamburger Abendblatts, neu von Springer zur Funke-Familie gestoßen, hat daher offensiv auf die Berliner Pläne der Funke Gruppe reagiert und einen Protestbrief nach Essen geschickt. Darin wird „die Entwicklung neuer Strategien“ gefordert „statt fantasielos beim Personal zu kürzen“. Weiter heißt es: „Mit Beginn des Monats Februar hat sich die Abendblatt-Redaktion von 14 Freien Mitarbeitern getrennt. In den nächsten zwei bis drei Jahren werden nach Angaben der Chefredaktion etwa 35 Mitarbeiter in Pension bzw. passive Altersteilzeit gehen und nicht ersetzt werden. Aus dem Ende der Kooperation des Abendblattes mit den Springer-Blättern Welt/Wams erwachsen der Zeitung laut Geschäftsleitung Einnahmeausfälle von rund einer Million Euro im Jahr, die allein durch Personal-Einsparungen wieder eingebracht werden sollen.“ Zu diesem Zweck sollen in den nächsten Wochen Gespräche über Auflösungsverträge geführt werden. Würden sie nicht die von der Geschäftsleitung erwünschten Ergebnisse bringen, sollen betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden. „Welche Sollzahlen von Personal angestrebt werden und wann der Abbau enden könnte, ist unklar.“ Die 167 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen „nicht tatenlos zusehen, wie das Hamburger Abendblatt aus kurzfristigem Profitinteresse an die Wand gefahren wird.“ Es könne nicht angehen, dass die immer noch hohen Gewinne nur abgeschöpft würden und nicht in die Produktqualität investiert werde. Da die Belegschaft in Hamburg unter der „nebulösen“ Informationspolitik der Funke Geschäftsführung genauso zu leiden habe wie in NRW, hätten die Betriebsräte der Zeitungstitel ihre Zusammenarbeit intensiviert.

fbi

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »

Lokaljournalismus: Die Wüste droht

Noch sei es nicht so weit, aber von einer "Steppe" könne man durchaus schon sprechen, sagt Christian Wellbrock von der Hamburg Media School. Wellbrock ist Leiter von "Wüstenradar", einer Studie, die zum ersten Mal die bundesweite Verbreitung und zahlenmäßige Entwicklung von Lokalzeitungen in den letzten 30 Jahren unter die Lupe genommen hat. Sie erhebt, wie stark der Rückgang lokaler Medien inzwischen tatsächlich ist und warnt: In etlichen Regionen droht tatsächlich die Verbreitung von "Nachrichtenwüsten".
mehr »