Aus für Görlitzer Allgemeine

Görlitzer Allgemeine hielt nur sechs Wochen durch

Das Ende kam am 16. Juni. Nur sechs Wochen nach dem Start wurde die neue Tageszeitung Görlitzer Allgemeine wieder eingestellt. Kapitalmangel und hausgemachte Fehler sorgten für das vorzeitige Ende des Projekts.

Am 3. Mai war das Blatt erstmals mit 16 Seiten im Tabloid-Format erschienen. Ein Dutzend junger Leute schickte sich an, dem bisherigen Lokalmonopol der Sächsischen Zeitung Paroli zu bieten (M 6 – 7 / 04). Bei einer Startauflage von 3.500 Exemplaren bemühte sich die Redaktion, den erwarteten Hunger der Görlitzer nach mehr lokalen Informationen zu stillen. Gedruckt wurde im polnischen Wroclaw. Honorare sollten erst bei entsprechender Ertragslage gezahlt werden. Doch die Macher mussten bald erkennen, dass der Marktzugang eines Newcomers ein dorniges Experiment ist.

Der Platzhirsch Sächsische Zeitung (Gruner+Jahr / DDVG) demonstrierte, dass er nicht gewillt war, dem neuen Wettbewerber beim „Wildern“ in seinem Revier tatenlos zuzuschauen. So wurde eine Doppelautorenschaft bei beiden Blättern untersagt. Während im restlichen Sachsen der Verkaufspreis der „Sächsischen“ auf 90 Cent stieg, blieb er in Görlitz konstant bei 80 Cent. Die schmale Görlitzer Allgemeine kostet 60 Cent. In einem Leitartikel unter dem Titel „Goliath gegen David. Wie ein Riese einen Zwerg bekämpft“, hatte GA-Chefredakteur Markus Kremser der Konkurrenz am 22. Mai eine Reihe weiterer unfreundlicher Manöver vorgeworfen. Dabei führte er auch Unregelmäßigkeiten bei der Zustellung auf mögliche Fremdeinwirkungen zurück. Werbekunden hätten ihm zudem von Pressionsversuchen der Konkurrenz berichtet, keine Anzeigen in der Görlitzer Allgemeinen zu schalten. Frank Seibel, Lokalchef der Sächsischen Zeitung in Görlitz, hatte diese Vorwürfe als „absurd“ zurückgewiesen.

Für das Scheitern des Blatts machte Chefredakteur Markus Kremser auch den „unerwarteten Rückzug“ von Geldgebern verantwortlich. „Einflussreiche Kreise“ hätten sich gegen eine unabhängige Zeitung verschworen, die über „Seilschaften, Filz und Korruption“ berichtet habe, so Kremser in der vorläufig letzten, der 37. Ausgabe des Blatts. Mit einer vierseitigen Kompaktausgabe werde die Zeitung jedoch an zentralen Stellen in Görlitz weiterhin präsent sein.

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Gutes Ergebnis für die VG Wort

Im Jahr 2024 hat die VG Wort 165,64 Millionen Euro aus Urheberrechten eingenommen. Im Vorjahr waren es 166,88 Millionen Euro. Aus dem Geschäftsbericht der VG Wort geht hervor, dass weiterhin die Geräte-, und Speichermedienvergütung der wichtigste Einnahmebereich ist. Die Vergütung für Vervielfältigung von Textwerken (Kopiergerätevergütung) ist aber von 72,62 Millionen Euro im Jahr 2023 auf nun 65,38 Millionen Euro gesunken. Die Kopier-Betreibervergütung sank von 4,35 auf 3,78 Millionen Euro.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »