Aus für L’Unità

Linke italienische Zeitung eingestellt

Auf der vorletzten Ausgabe titelten die Redakteure „Jetzt haben sie L’Unità (Die Einheit) getötet.” Das war am 30. Juli. Nur einen Tag später stellte die italienische Tageszeitung der Linken, 90 Jahre nach ihrer Gründung, ihr Erscheinen ein. Der Beschluss der Einstellung wurde den Journalisten, die seit April kein Gehalt mehr bekamen, kurzfristig am 29. Juli vom Konkursverwalter mitgeteilt.

L'UnitàEs war Ministerpräsident Mario Monti, der 2011 begann, die staatlichen Finanzmittel für die Printmedien zu kürzen. Das gefährdete auch L’Unitá. Noch vor sechs Jahren erhielt die Zeitung rund 6 Millionen Euro an staatlichen Zuwendungen, die in diesem Jahr auf etwa 2 Millionen Euro abschmolzen. Dabei waren diese Zuschüsse nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der Verlag Nuova Iniziativa Editoriale, zu dem L’Unitá gehört, hat etwa 22 Millionen Euro Schulden. Wie die Zeitung wird auch der Verlag nun liquidiert. So endet die einmal glorreiche Geschichte einer der ältesten und angesehensten italienischen Tageszeitungen, die immer mit der Arbeiterbewegung verbunden war.
Am 12.Februar 1924 wurde L’Unità vom Gründer der Kommunistischen Partei Italiens (Partido Communista Italiano PCI) Antonio Gramsci aus der Taufe gehoben. Bis 1991 war L’Unità die offizielle Zeitung der PCI für Arbeiter und Bauern. Nach Gramsci’s Vorstellung sollte die Zeitung keine Parteizeitung sein, sondern eine Zeitung für die Linke im Land. Nach dem Attentat von Anteo Zamboni am 31. Oktober 1926 auf den Faschistenführer Benito Mussolini wurde sie verboten. Sieben Monate später erschien die Zeitung im französischen Lille. Dann dauerte es Jahre, bis L’Unità wieder in Italien – im Turiner Untergrund – erscheinen konnte. Die Eroberung von Rom durch die Alliierten ermöglichte der PCI-Zeitung ihre Wiedergeburt. In den kommenden Jahren hatte die Zeitung fast 240.000 Leser, war ein Forum der Linksintellektuellen.
Mit den politischen Veränderungen in Europa öffnete sich L’Unità hin zur Mitte. Ab 1991 gab es im Kopf der Zeitung den Bezug zur PCI nicht mehr, statt dessen einen Hinweis auf die Tradition des Blattes und ihren Gründer. 1995 war die nun linksdemokratische Zeitung die erste, die ins Internet ging. Es folgte die Lösung von der Partei und eine halbe Privatisierung. Im Juli 2000 stellte die Zeitung für sechs Monate aus Geldmangel ihr Erscheinen ein. Dann kam sie an der Seite der »Partito Demoratico PD« wieder heraus. Seither kämpfte die Reaktion mit den Herausgebern und der finanziellen Not. Im Juni 2014 vor der Schließung wurden nur noch 21.000 Exemplare verkauft.

Weitere aktuelle Beiträge

Was tun gegen defekte Debatten

Das Land steckt in der Krise und mit ihm die Diskussionskultur. Themen wie Krieg und Pandemie, Migration und Rechtsextremismus polarisieren die politische Öffentlichkeit. In ihrem Buch „Defekte Debatten: Warum wir als Gesellschaft besser streiten müssen“ suchen Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin an der FU Berlin und Korbinian Frenzel, Journalist und Redaktionsleiter Prime Time bei Deutschlandfunk Kultur, nach Auswegen aus der diskursiven Sackgasse.
mehr »

Content, Streaming und Transformation

Medienkonvergenz erfordert neue Geschäftskonzepte und eine funktionierende Infrastruktur. Doch beides ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Wie? Das wurde auf einer der weltgrößten Telekommunikationsmessen diskutiert: Der Anga Com in Köln. Auf der Kongressmesse für Breitband, Fernsehen und Online wird auch das neue Digitalministerium in die Pflicht genommen.
mehr »

Kriminalität nicht mit Migration verknüpfen

Kriminelle Migranten bedrohen die Sicherheit in Deutschland“ – dieses alte rechte Narrativ wird von der AfD neu belebt und verfestigt sich in der Mitte von Gesellschaft und Politik. Medien, die diese realitätsverzerrende Erzählung bedienen, weil sie meinen, die laute Minderheit repräsentiere ein öffentliches Interesse, spielen mit dem Feuer.
mehr »

Mit BigTech gegen Pressefreiheit

Der Vogel ist frei“ twitterte der US-Milliardär und Big Tech-Unternehmer Elon Musk am 28. Oktober 2022, dem Tag seiner Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter, der damals noch den blauen Vogel als Logo hatte. Der reichste Mann der Welt wollte nach eigener Aussage den Dienst zu einer Plattform der absoluten Redefreiheit machen: „Freie Meinungsäußerung ist die Grundlage einer funktionierenden Demokratie, und Twitter ist der digitale Marktplatz, auf dem die für die Zukunft der Menschheit wichtigen Themen diskutiert werden“, hatte er zuvor erklärt.
mehr »