Bauer weiter auf Zerstückelungskurs

Beschäftigte bleiben bei Auslagerungen auf der Strecke

Gegen die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze gingen am 18. Oktober in Hamburg mehr als 100 Beschäftigte der Bauer Media Group auf die Straße. Es war die zweite Aktion zur Abwehr von 33 angedrohten Kündigungen. Der Verlag will das Herzstück, die Zentrale Agentur Programm (ZAP), zerlegen.

Drei Abteilungen sollen aufgelöst und die Tätigkeiten ausgelagert werden. Betroffen sind Mitarbeiter, die schon sehr lange Bauers Programmzeitschriften füllen – 14 von ihnen 20 bis 30 Jahre. Alternativarbeitsplätze gebe es im Unternehmen nicht für sie, sagt die Unternehmensführung. Für ver.di-Sekretär Wolfgang Kreider nicht nachvollziehbar: „In einem Konzern mit rund 11.000 Beschäftigten können die Menschen, die jahrzehntelang für die Familie Bauer gearbeitet haben, weiterbeschäftigt werden. Wer etwas anderes behauptet, sagt nicht die Wahrheit.“ Außerdem verlange das deutsche Arbeitsrecht eine Sozialauswahl beim Wegfall von Arbeitsplätzen, wobei die Betriebszugehörigkeit ein entscheidender Punkt sei. Zudem sei ernsthaft zu prüfen, wo die Leute beschäftigt werden können oder ob wenigsten ein Umschulung o.ä. angeboten werden könne. „Bauer umgeht diese zwingenden Regelungen, indem er seinen Verlag in kleine und kleinste Gesellschaften aufteilt, die angeblich unabhängig voneinander arbeiten. So kann Bauer den Personalabbau – die Mehrzahl der Betroffenen sind zwischen 50 und 60 Jahre alt – durchziehen und die Kosten der Allgemeinheit, sprich der Arbeitsagentur aufbürden“, beschreibt Kreider das „kalte betriebswirtschaftliche Kalkül“ der Familie Bauer.
Die Bauer Media Group macht auch in anderen Regionen unrühmlich von sich reden. Bei der zur Gruppe gehörenden Magdeburger Volkstimme erhielt der Betriebsratsvorsitzende seine zweite Kündigung – fristlos. Vorwand: Die Moderation eines Kandidatenforums vor der Landtagswahl im August in Halberstadt – eine unerlaubte Nebentätigkeit für Geschäftsführer Klaus Lange. Borchert hatte dies jedoch ehrenamtlich getan. Der Betriebsratsvorsitzende war bereits im Februar bei der Zerschlagung der Volksstimme-Mantelredaktion zum Ende September gekündigt worden. Seither ist er vom Dienst freigestellt. Die Klagen vor Gericht laufen. Und die vor Gericht vom Betriebsrat durchgesetzten Sozialplanverhandlungen haben noch immer nicht begonnen.

 wen

Protestblog:
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