Bitteres Aus für M-Druckerei apm

Trotz drohendem Arbeitsplatzverlust wurde bis Weihnachten bei apm fleißig gearbeitet. Ohne das Engagement der Kolleg*innen wären die letzten Ausgaben Publik und M 2018 nicht in gewohnter Qualität erschienen.
Foto: Frank Rumpenhorst

Die Belegschaft von apm in Darmstadt hat das Aus kalt erwischt. Obwohl sie wussten, dass der Betrieb seit Juli im Insolvenzprozess steckt, hatten die Beschäftigten noch Hoffnung – dass sich doch ein Interessent findet, der die Druckerei weiterbetreibt, und sie ihre Arbeitsplätze behalten. Die wichtigsten Stammkunden waren die beiden großen Gewerkschaften: ver.di und die IG Metall. Neben der ver.di-Zeitung Publik wurde auch M von apm gedruckt.

Das Ende der Druckerei kam kurz nach Weihnachten. Am 27. Dezember rief die Insolvenzverwalterin um 15:30 Uhr die Belegschaft zusammen und erklärte, dass auch der letzte Interessent abgesprungen sei. Die Spätschicht durfte nicht mehr arbeiten. Laufende Druckprojekte blieben einfach liegen. Am nächsten Tag kamen einige apm-Leute auf ein Abschiedsbier zusammen. Einer von ihnen war Walter Müller, der seinen richtigen Namen nicht nennen will: „Da hingen sich die Leute in den Armen und heulten Rotz und Wasser.“

Wie eine zweite Familie

Noch am Morgen des Tages der Betriebsschließung, war nach Aussage der apm-Leute ein Fremder erschienen, der extra aus Österreich angereist war, um die Maschinen anzuschauen. Er muss vorab vom Ende der Druckerei in­formiert worden sein, mutmaßen die Beschäftigten. „Voß hatte also niemals vor, das Unternehmen zu verkaufen. Er wollte und will es ausschlachten. Unsere Existenzen sind ihm egal“, sagt Walter Müller wütend.

Die Schließung der apm-Druckerei sei bitter für die Kollegen und Kolleginnen, sagt Andreas Fröhlich, Tarifsekretär für die Druckindustrie bei ver.di. Ihm selbst blutet das Herz, hat er doch früher selbst beim Vorgänger, der Union-Druckerei, Drucker gelernt und kennt noch einige Kollegen von apm. Manfred Moos von ver.di Hessen ist davon überzeugt, dass die Schließung vermeidbar gewesen wäre, „wenn die Anteilseigner Torsten Voß und Andrew Seidl ein wirkliches Interesse am Erhalt des Standorts und der Arbeitsplätze gehabt hätten.“ Seit Monaten habe man den Eindruck gehabt, dass die Investorensuche nur halbherzig und dilettantisch betrieben wurde. Der letzte Interessent habe abgesagt, weil die Preisvorstellungen von Voß und Seidl womöglich zu hoch waren.Man hätte schon viel früher auf den Putz hauen müssen, damit es nicht so weit kommt  – das sagen apm-Beschäftigte immer wieder. Und Voß und Seidl zur Rechenschaft ziehen müssen. Drei Monate lang zahlte die Agentur für Arbeit den rund 130 Beschäftigten Insolvenzgeld – so viel wie das Nettoentgelt – als Ersatz für den ausstehenden Lohn. In der Zeit verdiente die Belegschaft weiter Geld für die Firma. Wo ist das hingegangen? Bei apm wurde noch Tariflohn gezahlt, wenngleich es seit Jahren kein Urlaubsgeld und keine Jahresleistung mehr gegeben habe. Immer wieder habe die Belegschaft die Arbeitszeit verkürzt und damit auf Lohn verzichtet. So habe man den Eigentümern etwa sieben Millionen Euro erspart. Das Geld ist weg. Und es ist fraglich, ob der Ende 2018 ausgehandelte Sozialplan – 2,5 Gehälter pro Beschäftigungsjahr – wirklich ausgezahlt werden kann. Die Insolvenzverwalterin meldete eine „Masse Unzulänglichkeit“ – sie konnte laut Manfred Moos noch nicht einmal das etwa zwölfköpfige Abwicklungsteam bezahlen, das bis Ende Februar die letzten offenen Rechnungen verschickte und die Arbeitszeugnisse der Belegschaft fertig machte.

Zahllose Bewerbungen

Die Beschäftigten haben sich bei der Arbeitsagentur gemeldet. Viele kennen die Prozedur schon – sie waren bereits Ende 2012 bei der Insolvenz der Neu-Isenburger Druckerei der Frankfurter Rundschau dabei. „Ich habe in den letzten sechs Monaten 63 Bewerbungen geschrieben“, sagt der Endvierziger Walter Müller. „Bei mir waren es sogar 73“, erzählt Michael Wagner, ein paar Jahre jünger. »Bei einer Firma bin ich noch im Rennen. Aber mit 20 Prozent weniger Gehalt.“

Publik und die Magazine der Fachbereiche, darunter auch M, werden nun in der Mohn-Druckerei von Bertelsmann in Gütersloh gedruckt. Mindestens bis zum Sommer ist das so. Leicht war es nicht, eine Druckerei zu finden, die technisch und zu gleichen Konditionen in der Lage war, das Gesamtpaket der großen ver.di-Zeitung mit mehreren Dutzend Beilagen innerhalb von nur vier Wochen in guter Qualität zu übernehmen. ver.di schreibt nun mit anderen DGB-Gewerkschaften zusammen die Druckaufträge für die Publikationen aus.

 

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