DuMonts Erbe verscherbeln

Portrait von Günter Herkel

Günter Herkel lebt in Berlin und arbeitet als freier Medienjournalist für Branchenmagazine in Print und Rundfunk.
Foto: Jan-Timo Schaube

Kaum vier Jahre nach dem Tod von Altverleger Alfred Neven DuMont wollen offenbar seine Erben das väterliche Erbe verscherbeln. Wie üblich in solchen Fällen ohne vorherige Information von Beschäftigten und Betriebsräten. Mit dem geplanten Verkauf der Zeitungstitel des Kölner Verlags geht eine Dynastie zu Ende.

Kritische Beobachter der Branche haben es kommen sehen. Das  Interesse der Nachfahren des Verleger-Patriarchen DuMont am Geschäft mit Qualitätspublizistik war von Beginn an limitiert. Unter Vorstandschef Christoph Bauer hatte in kürzester Zeit  nüchternes Controller-Denken jeden verlegerischen Ehrgeiz abgelöst.  Sicher – zweistellige Renditen wie in den goldenen Zeiten vor der Jahrhundertwende sind mit Print kaum noch zu erzielen. Und im digitalen Werbegeschäft bestimmen längst Google, Facebook & Co. die Regeln. Aber das Tempo, in dem verlegerisch-journalistisches Denken und Kreativität Beteiligungen an vermeintlich hippen Marketing-Startups weichen mussten, ist schon atemberaubend.

Dabei trägt auch Verleger-Patriarch Alfred Neven Mitverantwortung für den Niedergang des Zeitungshauses. Seine überregionalen Ambitionen, vor allem der einstige Erwerb der Frankfurter Rundschau und des Berliner Verlags, rissen große Löcher in die Rücklagen. Zumal sie nicht mit überzeugenden inhaltlichen Entwicklungsstrategien unterfüttert wurden. Die FR wurde nach hohen Verlusten wieder abgestoßen. Die Berliner Zeitung siecht samt Boulevard-Schwester Kurier nach einer verfehlten Newsdesk-Fusion mit dramatischen Auflage- und Bedeutungsverlusten seit Jahren vor sich hin. Das Aufgehen der DuMont-Hauptstadtredaktion im großen Madsack-Verbund vor fünf Monaten deutete an, in welche Richtung es von nun an gehen würde: abwärts.

Jetzt wollen die Erben Kasse machen, so lange noch etwas zu holen ist. Der Altverleger, so heißt es, taxierte den Wert seines Imperiums einst auf eine Milliarde Euro. Nach Lage der Dinge wird sein Lebenswerk nur noch für einen kleinen Teil dieser Summe den Besitzer wechseln. Wer kommt dafür in Frage? Natürlich die üblichen Leichenfledderer aus der Branche, die überall dort zuschlagen, wo es aus der publizistischen Konkursmasse der herunter gewirtschafteten Traditionshäuser etwas zu ergattern gibt.

An vorderster Frontlinie Madsack, der große Aufsauger von Reichweite für sein Einheitsbrei verströmendes Redaktionsnetzwerk. Mit seiner  Zentralredaktion, diesem deprimierenden  Krisenausdruck des bisherigen Print-Geschäftsmodells. Oder vielleicht Funke, die Konzentrationskrake an der Ruhr, die mit Dumpingpreisen und Verdrängungswettbewerb – wo immer möglich – die lokale Konkurrenz  ausschaltet. Die es sogar schaffte, eine Zeitlang eine Zombie-Zeitung – die Westfälische Rundschau – ohne eigene Redaktion zu betreiben und im Gefolge dieser Politik im vergangenen Jahrzehnt Hunderte von Redaktionsstellen liquidiert hat (und aktuell wird  erneut von 350 gestrichenen Stellen im Funke-Imperium gesprochen). Eine Alternative des Schreckens – und keine guten Aussichten für Qualitätsjournalismus.

Weitere aktuelle Beiträge

Ist das der neue Meinungspluralismus?

Es sind nur zwei Fälle. Aber sie haben es in sich, wenn sie für eine Entwicklung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk stehen, die ein politisch bedenkliches Signal sendet. Eine Correctiv-Recherche beleuchtete Anfang Juli die Hintergründe, die nach vier Jahren zur Einstellung eines Klimapodcasts führten. Und eine Ende Juni veröffentlichte taz-Recherche fühlt den Umständen einer Reportage der Focus-online-Kolumnistin Julia Ruhs auf den Zahn, die der NDR ausstrahlte.
mehr »

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können.
mehr »

RTL schluckt Sky Deutschland

Mega-Fusion in der TV- und Streaming-Branche: Mit dem Kauf des Bezahlsenders Sky schickt sich die Bertelsmann-Tochter RTL Deutschland an, den großen US-Plattformen Netflix & Co. Paroli zu bieten.
mehr »

Compact-Urteil: Wehrhaft aber unwillig

Das Verbot des rechtsextremen Compact-Magazins ist vom Tisch. Am Dienstag entschied dies das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Der Chefredakteur des Magazins Jürgen Elsässer feierte die Entscheidung als eine Sternstunde für die Pressefreiheit, verglich den Fall gar mit der Spiegel-Affäre von 1962. Triumphierend erklärte er: „Sie konnten uns nicht verbieten, also können sie auch die AfD nicht verbieten.“
mehr »