Verleger nutzen Ostexpansion zum Sozialdumping bei Journalisten
Mit einem Treffen in Berlin hat sich Mitte Oktober der Arbeitskreis Internationales der dju in verdi konstituiert. Zugleich beriet die Zentraleuropagruppe der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF) wie die Arbeit der EJF und der IJF effektiver werden kann.
Als demokratiefeindliches Sozialdumping haben Journalistinnen und Journalisten aus mehreren europäischen Ländern die Versuche von Verlegerverbänden und Medienunternehmen bewertet, professionelle und soziale Standards für die journalistische Tätigkeit zu reduzieren. Nach radikalem Personalabbau drohen nun in den Redaktionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz auch massive Gehalts- und Honorarkürzungen sowie längere Arbeitszeiten zu Lasten der journalistischen Qualität. Kritisch stellte die Zentraleuropa-Gruppe (ZeuG) der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF) fest, dass die selben Medienhäuser gleichzeitig Millionen von Euro ausgeben, um in südosteuropäischen Ländern Verlage und Rundfunkstationen aufzukaufen oder neue Titel zu gründen. Diese rücksichtslose Strategie zur Gewinnsteigerung gefährde Qualitätsjournalismus und die Informationsqualität im sich erweiternden Europa.
Die ZeuG beriet auch über erste Ergebnisse einer Projektarbeit zum Journalismus in den europäischen Transitionsländern. In Ergänzung zu einer jüngsten Studie „Eastern Empires“ der EFJ über ausländischen Medienbesitz in Zentral- und osteuropäischen Ländern (M 7/03) konstatiert die ZeuG-Analyse mangelhafte professionelle und soziale Standards für die Kollegen in diesen Ländern. Unter derartigen Bedingungen können Medien nicht zum demokratischen Diskurs substanziell beitragen, warnten Redakteure und Freie aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, Tschechien und Kroatien. Zugleich kritisierte ZeuG Tendenzen verschiedener Staaten, beim UN-Weltgipfels über die Informationsgesellschaft im Dezember bisherige Standards journalistischer Arbeit und das damit verbundene Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Information weltweit zu unterlaufen.
Eines war der ZeuG-Tagung in Berlin und der vorangegangenen Sitzung des Arbeitskreises Internationales der dju gemeinsam: Engagiert wurde über Verbesserungen in der Arbeit der Europäischen und der Internationalen Journalisten-Föderation (EJF und IJF) debattiert. So gibt es bereits erste Reformvorstellungen für die EJF-Jahrestagung und den IJF-Weltkongress im Frühjahr 2004. Der Arbeitskreis Internationales will sich künftig auf drei Themenschwerpunkte konzentrieren: 1. Medienqualität und professionelle Standards, 2. kollektive Gehalts-/Honorarregeln und andere tariflich gesicherte Arbeitsbedingungen von Journalisten, 3. Selbstregulierung von Medien/Presse. Außerdem stand die Frage im Mittelpunkt, wie die auf Europa fokussierte Arbeit auf breitere Schultern verteilt, eine sinnvolle Arbeitsteilung der gewählten dju-Vertreter bei EJF/IJF mit anderen engagierten Kollegen organisiert werden kann.
Die dju will bei internationaler Arbeit mit anderen Fachgruppen im Medienbereich und mit anderen Ressorts in ver.di stärker kooperieren. Die Vernetzung bietet sich beispielsweise bei Europäischen Betriebsräten geradezu an. In der Debatte entstand der Vorschlag, den AK Internationales der dju zu einem Arbeitskreis für den gesamten Medienbereich zu öffnen, um eine optimale Arbeitsteilung bei sparsamer Mittelverwendung zu erreichen. Dazu könnten sich bei zwei Treffen pro Jahr die Vertreter aller Medien-Fachgruppen in internationalen Gremien mit interessierten Kollegen abstimmen und konkrete Initiativen/Projekte besprechen. Die Informationen vieler Kollegen soll auch über ein Online-Angebot Internationales für den gesamten Medienbereich erreicht werden, das mit allen Fachgruppen-Seiten verlinkt ist.