FR mit neuem Besitzer

Kurskorrektur der bislang links-liberalen Tageszeitung aus Frankfurt am Main befürchtet

Die Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg (MDS) hat von der SPD-Medienholding, der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg (DDVG), 50 Prozent der Anteile und eine Stimme an der Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH erworben. Der Kaufpreis soll mindestens 35 Millionen Euro betragen. Damit ist MDS neue Mehrheitseignerin und Stimmführerin der Frankfurter Rundschau. Die DDVG hält noch 40 Prozent der Anteile, die Karl-Gerold-Stiftung 10 Prozent. Das Bundeskartellamt gab im August grünes Licht für das Geschäft.

Die DDVG, die vor zwei Jahren 90 Prozent der von der Pleite bedrohten FR gekauft hatte, und MDS wollen künftig vor allem sparen. In einer gemeinsamen Erklärung wird unter anderem betont, „dass weitere Maßnahmen zur Kostensenkung in Frankfurt ergriffen werden müssen, um die Grundlage für den weiteren Bestand und künftigen publizistischen Erfolg des angesehenen Traditionsblattes zu sichern“. Heinz Kiegeland, Sprecher der Geschäftsführung der Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg in Köln, sagt dazu in einem Interview: „Zwischen den Partnern wurden gemeinsame Kostenziele und -potentiale festgelegt, die wir momentan nicht weiter kommentieren wollen.“ Das kann nur bedeuten, dass besonders die Beschäftigten der Druckerei in Neu Isenburg weitere Opfer bringen sollen, damit die Renditeerwartungen erfüllt werden. Im Kaufvertrag mit der DDVG soll bereits eine Summe fixiert worden sein, die erreicht werden müsse. In dem Druck- und Verlagshaus wurden im Jahr 2002 noch knapp 1.700 Frauen und Männer beschäftigt. Mit den bereits vollzogenen Sanierungsmaßnahmen waren viele Entlassungen verbunden, wodurch die Zahl der Beschäftigten auf heute gut 730 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduziert wurde.

Weitere Machtkonzentration

Der Medienforscher Horst Röper wertet den Eigentümerwechsel bei der Frankfurter Rundschau als weiteren Schritt zur Konzentration publizistischer Macht in Deutschland. Das Kölner Verlagshaus DuMont Schauberg werde mit der Übernahme der Mehrheit an der FR in der Hitparade der großen Verlage weiter aufsteigen, sagte Röper in einem Interview mit dem Deutschlandradio. „Die publizistische Macht dieser großen Verlagsgruppen in der Bundesrepublik ist schon beträchtlich, und man muss halt fürchten, dass sie weiter wächst.“ Zu den Folgen einer weiteren Pressekonzentration meint Röper: „Gerade dem Verleger Alfred Neven DuMont, ist ja immer wieder vorgeworfen worden, dass er zwar auf der einen Seite viel für seine Redaktion tut, das heißt in Besonderheit, er zahlt ganz gut, auf der anderen Seite aber auch ständig in die Redaktion hineinregiert und Einfluss nimmt, auf die Aussagen in der Zeitung. Je mehr Zeitungen ihm gehören, desto mehr muss man befürchten, dass er eben Einfluss nimmt auf solche Aussagen. Und wir Zeitungsleser werden abhängiger von den Entscheidungen Einzelner, weil das Heer, das es einmal gegeben hat, von Verlegern, so ja nicht mehr steht, die Vielfalt also gefährdet ist.“

Die Präambel der Stiftungsverfassung der Karl-Gerold-Stiftung ist Bestandteil des Gesellschaftsvertrages. Darin heißt es, nach dem Willen des Stifters Karl Gerold solle die Frankfurter Rundschau „sein und bleiben eine unabhängige, politisch engagierte, links-liberale Tageszeitung, verpflichtet dem Geist des Grundgesetzes und den Menschenrechten und ständig eintretend für das unbedingte Prinzip der Demokratie und für die soziale Gerechtigkeit“. Das dürfte mit Alfred Neven DuMont schwierig werden. Der selbstgefällige Herrscher über sein Medienimperium in Köln und Halle hat ein enormes Geltungsbedürfnis mit der Folge, dass er sich selbst grundsätzlich für den wichtigsten Entscheidungsträger hält. Der Ex-Karnevalsprinz, Ehrenpräsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, ehemalige Präsident der Kölner Industrie- und Handelskammer, Ehrenbürger der Stadt Köln und einflussreiche Patron in der rheinischen Metropole wird Vorsitzender eines Herausgeberrates für die Frankfurter Rundschau. Die Betroffenen werden sich noch wundern. Alfred Neven DuMont duldet Widerspruch selten.

Pochen auf Haustarifvertrag

Die zuständige Gewerkschaft ver.di fordert Garantien für die redaktionelle Unabhängigkeit und für die Arbeitsplätze in Verlag und Druckerei. Vom neuen Mehrheitsgesellschafter werden klare Zusagen über den Erhalt des Verlags- und Druckstandortes Frankfurt in einem einheitlichen Betrieb und die Einhaltung der mit ver.di abgeschlossenen Haustarifverträge verlangt. Ende 2006 laufen die Sanierungstarifverträge aus, die den Verzicht auf Sondervergütungen wie das 13. Monatsgehalt einschließen. Dazu gibt es keine Alternativen, heißt es im Verlag. „Wir müssen auf der Kostenseite noch sehr viel tun“, sagte Heinz Kiegeland der Financial Times Deutschland.
Es bleibt die Frage, warum sich Alfred Neven DuMont bei der Frankfurter Rundschau überhaupt engagiert. Wahrscheinlich wollte er sich noch einmal beweisen, dass er mit 79 Jahren unter den Zeitungsfürsten der wichtigste, der größte und einer der mächtigsten ist. Er will es noch mal allen zeigen. Und selbstverständlich erwartet er Dankbarkeit und Verehrung.

DuMont Schauberg in Israel

Alfred Neven DuMont hat sich mit 25 Millionen Euro auch in die israelische Verlagsgruppe Schocken eingekauft, die unter anderem die Tageszeitung Haaretz (Das Land) herausgibt (Wochenendauflage 95.000 Exemplare). Zum Konzern der Familie Schocken gehören außerdem 15 kleine lokale Zeitungen, die Wirtschaftszeitung The Marker und eine Beteiligung am Internetportal walla.co.il.

Die Beteiligung des Kölner Verlages mit 25 Prozent ist in der Öffentlichkeit Israels nicht unumstritten. So kommentierte die konkurrierende Tageszeitung Maariv die Rolle Alfred Neven Dumonts Vater Kurt in der Nazizeit und die des Verlegers Amos Schocken wie folgt: „Wir haben den Sohn eines Mannes, der das Naziregime zumindest stillschweigend geduldet hat, um seinen eigenen Profit zu sichern und in der Stadt Köln ein Zeitungsmonopol aufgebaut hat, und den Sohn eines deutsch-jüdischen Auswanderers, dessen Kaufhauskette 1938 arisiert wurde, Seite an Seite, um das traditionsreichste israelische Verlagshaus zu betreiben, eine Institution, die eng mit der Schaffung eines demokratischen Staates Israel verbunden ist – das passt einfach nicht zusammen. Neven DuMont steht für genau das Gegenteil von Haaretz: Monopolisierung und Gleichschaltung“.

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