Freie Mitarbeiter/innen und Betriebsratswahlen

Dürfen Freie an den Betriebsratswahlen teilnehmen? Dürfen sie auf die Wählerlisten gesetzt werden?

Laut Paragraph 7 Betriebsverfassungsgesetz sind nur Arbeitnehmer/innen wahlberechtigt. Tatsächlich sind aber viele Freie doch Arbeitnehmer. Maßgeblich ist nicht die Bezeichnung, sondern wie das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich aussieht.

Eine vorherige Festanstellungsklage ist für die Wahlberechtigung nicht erforderlich. Ob jemand tatsächlich Arbeitnehmer/in ist, das richtet sich nach dem Schwerpunkt einer Anzahl einzelner Kriterien. Die wichtigsten für den Arbeitnehmerstatus sind:

  • Eingliederung in den Betrieb (z.B. ein Schreibtisch im Büro, von der Mitarbeit anderer im Büro abhängig)
  • Weisungsrecht des Auftraggebers bezüglich Zeit, Ort und Ausführung der Arbeit (Dienstpläne, Arbeitsbereitschaft, Anwesenheitspflicht, Qualitätskontrolle, Verpflichtung zur Korrektur)
  • Keine eigenen Betriebsmittel (die Kamera des Senders, der Computer des Verlages)
  • Die Arbeit muß persönlich erbracht werden (keine eigenen Mitarbeiter)
  • Keine anderen Auftraggeber
  • Einsatz der Arbeitskraft nicht in eigener Verantwortung nach selbstgesetzten Zielen und den Bedürfnissen des Marktes, sondern nach den Vorgaben des Auftraggebers (keine Möglichkeit, Aufträge abzulehnen)
  • Festes Gehalt, Pauschalhonorar
  • Lohnsteuerpflicht, Sozialversicherungspflicht

Im Zweifel ist zu empfehlen, daß der Wahlvorstand die Kolleginnen und Kollegen auf die Wählerliste aufnimmt. Dadurch erhöht sich die Zahl der Wahlberechtigten. So steigt unter Umständen auch die Zahl der zu wählenden BR-Mitglieder. Eine solche Praxis gibt es bereits. Für die Duldung durch den Arbeitgeber gibt es gute Gründe: Akzeptiert ein Arbeitgeber die entsprechende Wählerliste nicht, könnte ein Betriebsrat auf die Idee kommen, aktiv zu werden.

Freie und Betriebsräte können dabei auf zwei Gebieten gut zusammenarbeiten: Bei der Analyse der Beschäftigung von Freien im Betrieb und bei der Durchsetzung tarifvertraglicher Rechte arbeitnehmerähnlicher Freier. Beides hat mittelbar Effekte auch auf jene Freien, die nicht unter die Bestimmungen des Tarifvertrags für Arbeitnehmerähnliche fallen.

Lohndumping gegenüber Freien schadet nicht nur diesen Beschäftigten. Es erhöht auch den Druck auf die Festangestellten und die Gefahr des Outsourcings.


Nicole Weber ist beim Hauptvorstand der IG Medien zuständig für die Belange aller Freien in Medienberufen von Print über Rundfunk, Multimedia bis Film.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

ARD: Durchbruch in Tarifrunde

In dem seit Januar andauernden Tarifkonflikt in ARD-Rundfunkanstalten gibt es erste Verhandlungsergebnisse. Zum Wochenende hin konnte am Freitag (15. November) ein Ergebnis im SWR erreicht werden. Für ver.di ist das ausschlaggebende Ergebnis, dass neben sechs Prozent Tariferhöhungen in zwei Stufen über eine Laufzeit von 25 Monaten auch eine für mittlere und niedrige Tarifgruppen stärker wirkende jährliche Sonderzahlung so stark erhöht wurde, dass es nachhaltige Tarifsteigerungen zwischen sechs und über zehn Prozent gibt.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Drei Fragen: Zur Deutschen Welle

Bei der Deutschen Welle (DW) arbeiten rund 1.800 festangestellte und 2.000 freie Mitarbeiter*innen in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die Belegschaft der DW in Bonn und Berlin am 13.11. zu einem ganztägigen Streik aufgerufen. Denn nach sechs Runden stocken die Verhandlungen. Wir sprachen vor Ort in Berlin mit der ver.di-Sekretärin Kathlen Eggerling.
mehr »

Mit Recht und Technik gegen Fake News

Als „vielleicht größte Gefahr“ in der digitalen Welt sieht die Landesanstalt für Medien NRW (LFM) die Verbreitung von Desinformationen. Insbesondere gilt das für die Demokratische Willensbildung. Daher wird die Aufsichtsbehörde ihren Scherpunkt im kommenden Jahr genau auf dieses Thema richten. Aber wie kann man der Flut an Fake News und Deep Fakes Herr werden?
mehr »