G+J auf dem Einsparweg

Kündigungen beim Stern – kein Nannen-Preis 2015

Der in Hamburg ansässige Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr gehört künftig komplett zu Bertelsmann. Europas größter Medienkonzern kauft der Familie Jahr zum 1. November ihre Minderheitsbeteiligung von 25,1 Prozent ab. Über die Höhe des in bar zu zahlenden Kaufpreises wurde Stillschweigen vereinbart.

Gruner + Jahr G+J LogoDie Komplettübernahme sei „ein weiteres klares Bekenntnis zum Journalismus”, ließ Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe mitteilen. Der Konzern unterstütze den Umbau von Gruner + Jahr uneingeschränkt und wolle auch in Zukunft die nötigen Mittel dafür bereitstellen.
Der Verlag hatte im August angekündigt, in den kommenden drei Jahren rund 400 Arbeitsplätze in Deutschland zu streichen. Davon etwa 200 in Hamburg am Baumwall, rechnet der Betriebsrat. Angesichts rückläufiger Marktentwicklungen im Printgeschäft sollen in diesem Zeitraum 75 Millionen Euro eingespart werden. Das Geschäft mit digitalen Inhalten soll ausgebaut werden. (M 6/2014)
Ohne Zeitverzug wird inzwischen der Einsparweg beschritten. Beim Magazin Stern und bei Stern Gesund Leben wurde Ende Oktober etwa 20 Mitarbeitern gekündigt. Ihre Arbeit soll zum Teil intern oder von externen Dienstleister übernommen werden. Der Betriebsrat hatte eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie die Bildung einer zentralen G+J-Einheit „Multimedia-Infografik”, um die Arbeitsplätze zu retten. Die Geschäftsleitung erkannte diesen Weg als gangbar an, lehnte dennoch ab. Diese Leistungen könne man auf dem freien Markt billiger einkaufen, hieß es.
Seit Anfang des Jahres hat es bereits einen „stillen” Abbau von Mitarbeitern bei G+J gegeben. Sie seien auf Ausstiegs- und Abfindungsangebote des Verlages eingegangen. Freigewordene Stellen wurden nicht nachbesetzt. Auf diesem Weg sei bereits eine deutlich zweistellige Zahl von Jobs abgebaut worden, bestätigten Betriebsratskreise. Zu Gruner + Jahr gehören neben dem Stern Zeitschriften wie Brigitte, Geo und Gala. Auch am Spiegel-Verlag ist das Haus mit rund 25 Prozent beteiligt.
Eine weitere Reaktion auf die Sparmaßnahmen ist nach Angabe von G+J der Verzicht auf die Vergabe des renommierten Henri-Nannen-Preises im kommenden Jahr. Der traditionell feierliche Rahmen der Preisverleihung „erscheint uns in dieser Lage nicht angemessen”, sagte ein Unternehmenssprecher. Jedoch wolle man das Ausfalljahr nutzen, um „darüber nachzudenken, wie der Henri-Nannen-Preis in Zeiten tiefgreifender Veränderungen der Medienlandschaft modernisiert und weiterentwickelt werden kann”, hieß es von Verlagsseite.

 wen

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Gratiszeitungen machen Meinung

In Ostdeutschland verbreiten kostenlose Anzeigenblätter zunehmend rechte Narrative – etwa der Hauke-Verlag in Brandenburg. Unter dem Deckmantel von Lokaljournalismus mischen sich Werbung, Verschwörungserzählungen und AfD-Propaganda. Möglich wird das auch wegen der Krise des Lokaljournalismus: Wo es kaum noch Medienvielfalt gibt, füllen rechte Angebote die Lücken.
mehr »

Streik bei TikTok wird fortgesetzt

TikTok-Beschäftigte in Berlin legten am 24. Juli 2025 ihre Arbeit nieder und fuhren mit einem Streikboot direkt an ihrer Geschäftsführung vorbei. Nachdem ver.di zum Streik aufgerufen hatte, waren zahlreiche Beschäftigte gefolgt. Es ist der erste Streik bei einer Social-Media-Plattform in Deutschland überhaupt, an dem sich rund 100 von ungefähr 400 Beschäftigten bei TikTok in Berlin beteiligten. Und es geht weiter: Für kommenden Montag, den 28. Juli, ist bereits der nächste Streiktag geplant.
mehr »

Tarifeinigung bei Tageszeitungen 

In der zehnten Verhandlungsrunde haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für Redakteur*innen bei Tageszeitungen geeinigt. Der Tarifeinigung waren bundesweit in 36 Verlagen und Redaktionen Streiks vorausgegangen, die zuletzt bis zu sechs Tage angedauert haben.
mehr »

Proteste bei TiKTok in Berlin

Rund 150 Beschäftigten der Trust and Safety-Abteilung (Content-Moderation) von TiKTok und einem Teil der Beschäftigten aus dem Bereich TikTok-Live (rund 15 Beschäftigte) in Berlin droht die Kündigung. Das  chinesische Unternehmen plant die Content-Moderation künftig verstärkt durch Large-Language-Models (Künstliche Intelligenz) ausführen zu lassen und die Arbeit an andere Dienstleister auszulagern. Dagegen protestierten vor der TikTok-Zentrale in Berlin Beschäftigte und Unterstützer*innen. Ein Warnstreik folgte.
mehr »