Der Konzentrationsprozess auf dem hessischen Zeitungsmarkt geht weiter. Am Dienstag wurde bekannt, dass der Verlag der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) zum 1. März mit dem Mittelhessischen Druck- und Verlagshaus fusioniert, in dem die Gießener Allgemeine, die Wetterauer Zeitung und die Alsfelder Allgemeine erscheinen. Wobei der Begriff ‚Übernahme‘ es wohl besser trifft als die Bezeichnung ‚Fusion‘.
Denn die zur Ippen-Gruppe gehörende HNA soll 80 Prozent der Anteile an der neuen Zeitungsholding Hessen mit Sitz in Kassel erhalten. Die restlichen 20 Prozent gehen an das Gießener Familienunternehmen. Daniel Schöning, Neffe des Verlegers Dirk Ippen und Geschäftsführer der Ippen-Verlagsgruppe, erklärte am Dienstag: „Der Zusammenschluss soll auch die Kräfte bündeln für neue Aktivitäten, sei es im klassischen Geschäft oder in der digitalen Welt.“ Die Kräfte bündeln – für die Beschäftigten beider Unternehmen klingt das bedrohlich. Schließlich hat die Ippen-Gruppe in der Vergangenheit schon vielfach bewiesen, wie sie nach Übernahmen „Synergien“ realisiert: durch Stellenabbau und die Aufgabe lokaler Zeitungstitel. Zuletzt hat Ippen die Frankenberger Zeitung im Herbst 2015 wenige Monate nach ihrer Übernahme eingestellt.
Vor diesem Hintergrund erklärte ver.di-Landesfachbereichsleiter Manfred Moos am Mittwoch: „Die Ankündigung, mit dem Zusammenschluss sollten die Kräfte gebündelt werden, löst bei den Beschäftigten natürlich Sorgen um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze aus.“ Diesen Befürchtungen solle die neue Zeitungsholding durch langfristige Arbeitsplatzgarantien Rechnung tragen, forderte der Gewerkschafter.
Obwohl darüber offenbar bereits seit einem Jahr verhandelt wird, wurden Beschäftigte und Betriebsräte sehr kurzfristig informiert. Zwar wurde ihnen mitgeteilt, dass beide Verlage ihre Eigenständigkeit und eine Geschäftsführung vor Ort zunächst behalten sollen. Wie lange diese Zusage gilt, bleibt allerdings offen. Bei der HNA arbeiten in Verlag und Redaktion rund 470 Beschäftigte sowie 200 weitere Kolleg_innen in der ausgegliederten Druckerei. In der erst 2012 eröffneten Druckerei des Mittelhessischen Druck- und Verlagshauses sowie in den Redaktionen der drei Blätter sind insgesamt etwa 200 Menschen angestellt. 800 Zeitungsboten arbeiten in einer ausgegliederten Zustellgesellschaft.
Mit dem Deal baut die Ippen-Gruppe ihren Einfluss auf dem hessischen Zeitungsmarkt weiter aus. In Nordhessen hat sie bereits ein Quasi-Monopol und besitzt zudem die Offenbach Post und die Hersfelder Zeitung. ver.di wertet die angekündigte Fusion mit der Gießener Allgemeinen daher als „weiteren Schritt auf dem Weg zu immer weniger Pressevielfalt in Hessen“.
Auch der Wiesbadener Landtag hat sich schon einmal mit der Konzentration auf dem Zeitungsmarkt auseinandergesetzt. Bei einer Anhörung im Sommer 2015 machten sich die Landespolitiker Gedanken darüber, wie die Medienvielfalt im Land erhalten werden kann. Merkliche Konsequenzen hatte das bislang allerdings nicht.