Beim Süddeutschen Verlag formiert sich der Widerstand der Belegschaft
500 Beschäftigte des Süddeutschen Verlags (SV) und seiner Tochterbetriebe protestierten am 18. Dezember vor dem ehrwürdigen Verlagsgebäude in der Münchener Sendlinger Straße gegen die rigide Arbeitsplatzvernichtung und das Missmanagement im Konzern. Zur gleichen Zeit gingen Beschäftigte der SV-Tochter Hüthig in Heidelberg auf die Straße.
Der Süddeutsche Verlag mit seinem Flaggschiff „Süddeutsche Zeitung“ fährt derzeit einen scharfen Sparkurs. Bis Ende 2004 sollen 950 der etwa 5000 Stellen gestrichen werden. Hunderte mussten bis Ende des vergangenen Jahres bereits gehen. Aufgrund der Krise in der Medienwirtschaft ging der SV für das Geschäftsjahr 2002 von einem negativen Ergebnis in zweistelliger Millionenhöhe aus.
Betroffen sind alle Bereiche des renommierten Verlages, dessen Betriebsratsvorsitzender Klaus Schönauer die Situation kurz und prägnant als „bisher nie da gewesenes Chaos“ bezeichnete. So war es nicht ganz verwunderlich, dass Kolleginnen und Kollegen aus allen Verlagesteilen, einschließlich der bis dato zurückhaltenden Redaktion, Protesthaltung annahmen.
ver.di-Landesbezirksleiter Josef Falbisoner, der SV-Betriebsratsvorsitzende Klaus Schönauer und der Betriebsratsvorsitzende der SV-Hüthig-Fachverlage am Standort München, Harald Pürzel gingen mit Management und Gesellschaftern hart ins Gericht. Zwar leide der Verlag auch unter der Anzeigenkrise, dieses Problem sei aber durch krasse Managementfehler und das Verhalten der Gesellschafter dramatisch verschärft worden. Mit schrillen Pfiffen wurde der Hinweis quittiert, dass sich die Gesellschafter in den letzten Jahren zwar exzessive Ausschüttungen genehmigten, jetzt aber nicht zu ihrer sozialen Verantwortung stehen. Obwohl der Verlag allein von 1998 bis 2000 Gewinne von etwa 200 Millionen Euro einfuhr, seien keine Rücklagen gebildet worden. Schließlich hatten die Alt-Gesellschafter des SV eine Kapitalaufstockung aus eigenen Mitteln abgelehnt.
Angedroht! Neue Form von „Montagsdemos“
Heftig kritisiert wurden die rüden Methoden des Konzerns im Umgang mit gekündigten Mitarbeitern. So wurden bei der SV-Tochter Hüthig-Fachinformationen langjährige Mitarbeiter aufgefordert, sofort den Arbeitsplatz zu räumen, obwohl noch nicht einmal die Betriebsratsanhörung zur Kündigung erfolgt war. Auf der Protestversammlung wurde auch heftiger Unmut gegen das Wirken der Beratungsgesellschaft Roland Berger geäußert. Für das Honorar von geschätzt einer Million Euro käme nur das immer gleiche Rezept heraus: Personalabbau um jeden Preis. Der Betriebsrat fordert jetzt ultimativ, das Gesamtkonzept von Berger zur Einsicht zu erhalten. Dagegen wehren sich Verlagsleitung und Gesellschafter ebenso, wie gegen die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses.
Sollte der Verlag bei seiner bisherigen Politik bleiben und sollte er weiterhin die Einsicht in die Wirtschaftsdaten und das Berger-Konzept ablehnen, kündigte Klaus Schönauer eine neue Form der aus Wendezeiten bekannten „Montagsdemonstrationen“ an. Diesmal freilich in der Sendlinger Straße in München.