Im Zeichen des Rotstifts

Gruner+Jahr: Schlussredaktionen aufgelöst und betriebsbedingte Kündigungen

Bei Gruner + Jahr wird weiter an der Sparschraube gedreht. Bereits vor einigen Monaten wurden die Schlussredaktionen von Gala und Frau im Spiegel aufgelöst, im August erhielten sechs Beschäftigte von Brigitte Young Miss ihre Kündigungen, sechs befris­tete Verträge wurden nicht verlängert.

Per Pressemitteilung verkündete Gruner + Jahr (G+J) im Juli, dass Brigitte Young Miss sich laut der aktuellen MA 2 / 2005 „als reichweitenstärkstes Magazin unter den jungen monatlichen Titeln mit einer Reichweite von 1,9 Prozent bei Frauen und 640.000 Leserinnen pro Ausgabe“ positioniert habe. Neben der Lobeshymne über die Auflage wurde ein stärkeres Heranrücken an den Stammtitel Brigitte angekündigt. Wie der Verlag sich dies praktisch vorstellt, erfuhr der Betriebsrat rund vierzehn Tage später schriftlich in Form von betriebsbedingten Kündigungen: Sechs Beschäftigte sollen gehen, zusätzlich werden sechs Zeitverträge nicht verlängert. Bildredaktion, Grafik / Layout und Schlussredaktion wurden von Brigitte Young Miss an die Berliner Firma Scrollan vergeben, die künftig als externer Dienstleister mit vier Beschäftigten diese Arbeiten übernehmen soll. Vis-a-vis des Verlagshauses vermietete Gruner + Jahr an Scrollan Büroräume.

Für die Beschäftigten im Verlagshaus war die Entwicklung bei Brigitte Young Miss ein Alarmsignal. Die Sparrunden sind noch längst nicht abgeschlossen, bis 2006 soll in der Größenordnung von zwanzig Millionen Euro gekürzt werden. Rund 6 Millionen Euro entfallen auf Dienstleistungsverträge und Formatanpassungen, etwa eine Million Euro auf Personaleinsparungen. Der Stellenabbau bei Brigitte Young Miss soll 500.000 Euro erbringen, fünf weitere Stellen sollen durch Vorruhestand wegfallen. Insgesamt wären dies bis jetzt 12 bis 13 Millionen Euro, eine Einsparlücke von sieben bis acht Millionen Euro ist demnach noch offen. „Auf die Frage des Betriebsrats, ob die fehlenden Millionen durch weitere Personaleinsparungen erreicht werden sollen, schloss Personalchef Dr. Maschke das nicht aus“, sagt Thomas Thielemann, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Verlag Hamburg. „Dieses Damoklesschwert schwebt also weiter über der Belegschaft.“

Entsprechend rumort es im Haus. Bis Redaktionsschluss hatten 735 Beschäftigte eine Resolution an die Geschäftsleitung unterschrieben, in der sie forderten, die Schließung der Schlussredaktionen von Gala und Frau im Spiegel, aber auch die Kündigungen bei Brigitte Young Miss rückgängig zu machen. Offenbar ist dieser Unmut der Chefetage nicht verborgen geblieben. In einem Rundschreiben an die Beschäftigten rechtfertigte Zeitschriftenvorstand Bernd Buchholz die Kündigungen und verwies darauf, dass G+J in anderen Unternehmensteilen auch einstellt. Die Frage, warum der Verlag den Gekündigten dort keinen Arbeitsplatz anbietet, blieb unbeantwortet. In seinem Rundschreiben kündigte Vorstand Bernd Buchholz dagegen eine Mitarbeiterbefragung an, die ihm „ganz persönlich ein sehr großes Anliegen“ sei, um „die Kommunikation und die Kultur innerhalb von Gruner + Jahr weiter entwickeln zu können“.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Gutes Ergebnis für die VG Wort

Im Jahr 2024 hat die VG Wort 165,64 Millionen Euro aus Urheberrechten eingenommen. Im Vorjahr waren es 166,88 Millionen Euro. Aus dem Geschäftsbericht der VG Wort geht hervor, dass weiterhin die Geräte-, und Speichermedienvergütung der wichtigste Einnahmebereich ist. Die Vergütung für Vervielfältigung von Textwerken (Kopiergerätevergütung) ist aber von 72,62 Millionen Euro im Jahr 2023 auf nun 65,38 Millionen Euro gesunken. Die Kopier-Betreibervergütung sank von 4,35 auf 3,78 Millionen Euro.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »