Gespräch mit Carla Meyer, Vorsitzende des Verbandes der Freien Lektorinnen und Lektoren – VFLL – e.V.
Seit wann gibt es den VFLL und wie kam es zu seiner Gründung?
Meyer: Den VFLL gibt es offiziell seit März 2000. Bedingt durch die Umstrukturierungen im Verlags- und Medienbereich wächst die Zahl der freiberuflichen Lektorinnen und Lektoren seit Jahren kontinuierlich. „Freies Lektorat“ hat sich längst als ein eigenständiger Berufszweig etabliert.
Schon 1997 gab es im Rahmen der Frankfurter Buchmesse ein erstes bundesweites Treffen der freien Lektorinnen und Lektoren. Seither gibt es jedes Jahr ein solches „Messetreffen“. Bei diesem zunächst eher lockeren Erfahrungs- und Informationsaustausch wurde uns sehr schnell klar, dass es sinnvoll und notwendig ist, sich stärker zu vernetzen, dass wir eigentlich einen Berufsverband brauchen, den wir dann nach der Buchmesse 1998 auch gegründet haben.
Warum war das eurer Meinung nach sinnvoll – warum notwendig?
Sinnvoll deshalb, um unsere eher isolierte Arbeitssituation – jede/jeder sitzt alleine in seinem Büro – in gewissem Sinne aufzuheben, d.h. sich über berufliche Sach- und Fachfragen auszutauschen, was ja die Arbeit auch erleichtert. Notwendig deshalb, um unsere Arbeitsbedingungen zu verbessern, d.h. vor allem, unsere Verhandlungsposition bei Vertragsabschlüssen zu stärken, im Hinblick auf inhaltliche Fragen des Lektorats, der Terminierung und natürlich nicht zuletzt der Honorare für freiberufliche Lektoratsarbeit.
Wie viele Mitglieder hat der VFLL – was sind die Schwerpunkte eurer Arbeit?
Der VFLL hat derzeit 200 Mitglieder. Schwerpunkte unserer Arbeit sind die Vernetzung untereinander und die Stärkung unserer Marktposition als Dienstleister für die Medienindustrie. Die Städte- bzw. Regionalgruppen des VFLL treffen sich monatlich, gestalten Themenabenden zu Rechts- und Steuerfragen, zur beruflichen Qualifizierung etc. Darüber hinaus gibt es eine verbandsinterne Mailingliste, in der ebenfalls Sach- und Fachfragen, Infos und Erfahrungen diskutiert werden. Im Hinblick auf die Stärkung unserer Marktposition sind für uns drei Dinge vordringlich: Darstellung unseres Berufsgruppe nach außen, berufliche Weiterqualifizierung und nicht zuletzt eine Honorarempfehlung für freie Lektoratsarbeit.
Was heißt das für diese drei Bereiche konkret?
Wir haben eine eigene Website, www.lektoren.de, die wir gerade völlig neu gestalten, und wir sind dieses Jahr erstmals auf der Frankfurter Buchmesse mit einem eigenen Stand, übrigens zusammen mit den Übersetzern im VS. In Sachen berufliche Qualifizierung kooperieren wir u.a. mit der Akademie des Deutschen Buchhandels in München. Außerdem arbeiten wir eng mit ver.di München in einem EU-Qualifizierungsprojekt für Verlagsmitarbeiter zusammen. Hier hat ver.di München uns sozusagen mit ins Boot geholt, eine tolle Sache! Die Honorarempfehlungen für freie Lektoratsarbeit, etwa analog jenen der Übersetzer/innen, haben wir bereits ausgearbeitet. Sie liegen praktisch druckreif vor und werden in den nächsten Wochen veröffentlicht.
„Feste“ und „Freie“ – wie sieht das Verhältnis unter Lektor/innen aus?
Wir wissen eigentlich sehr wenig voneinander. Und in der Regel ist es doch so, dass die Festen uns einen Auftrag erteilen, zu Konditionen, die zuvor von der Redaktionsleitung, der Verlagsleitung festgelegt wurden und somit vorgegeben sind. Die Festen haben da uns gegenüber keinen Verhandlungsspielraum. Sie sehen sich also nicht selten in der Rolle, entweder die Verlagsbedingungen uns gegenüber durchzusetzen oder für uns Vertragsverhandlungen zu führen und uns bleibt nicht selten mehr, als „ja“ oder „nein“ zu sagen. Wie soll da gute Stimmung aufkommen?
Der VFLL ist ein eigenständiger Verband – wie seht ihr euer Verhältnis zu ver.di?
Ich würde sagen: grundsätzlich positiv. Ursprünglich dachten wir, wir gehören eigentlich zu den Schriftsteller/innen und Übersetzer/innen in den VS. Es gab da auch mal Kontakte, noch zur „alten“ IG Medien. Aus Gründen, die wir nicht kennen, ging aber nichts voran. Also haben wir den VFLL gegründet. Inzwischen gibt es Kontakte und Kooperationen: mit den Übersetzern, mit ver.di München und der neuen Bundesfachgruppe Verlage und Agenturen. Ich hoffe, das lässt sich weiter ausbauen.
Wie sehen das eure Mitglieder?
Nun, viele unserer Mitglieder sind auch Mitglieder bei ver.di. Es bestehen da ja Überschneidungen, viele übersetzen auch und sind somit im VS, andere waren als Feste IG-Medien-Mitglieder und dann auch als Freie, jetzt bei ver.di. Die verschiedenen Kooperationen mit ver.di wurden auf unserer letzten Mitgliederversammlung im Mai 2001 ausnahmslos begrüßt.
Wo seht ihr weitere Möglichkeiten der Kooperation?
Sinnvoll wäre ganz sicher ein Informationsaustausch zwischen Festen und Freien, über die Formen, Inhalte und Bedingungen unserer jeweiligen Arbeit. Von der beruflichen Situation her gibt es viele Gemeinsamkeiten mit den Übersetzern/Übersetzerinnen – hier wären also weitere Kooperationen sinnvoll. Rechtsberatung: ein weites Feld – der VFLL ist hierzu eigenständig noch nicht in der Lage. Mit ver.di klappt die Kommunikation jetzt ja ganz gut und: Im Grunde sitzen wir doch alle im gleichen Boot!
- Die Fragen stellte Martin Dieckmannn