Mehr Rendite mit weniger Personal

Axel Springer Verlag will durch Sparkurs seine Zukunft sichern

Unruhe und Unsicherheit herrscht derzeit in den Redaktionen der Springerblätter in Berlin. Ihnen hat der Vorstand ein strammes Sparkonzept verordnet. Jede Mark müsse künftig zweimal umgedreht werden, sagte Zeitungs- und Multimediavorstand Mathias Döpfner der Axel Springer Verlag AG dem „Handelsblatt“. Ab sofort gilt ein Einstellungsstop, nachdem die Beschäftigtenzahl im letzten Jahr um mehr als tausend auf etwa 13600 stieg. Als Begründung für den strikten Sparkurs werden steigende Papierpreise und sinkende Anzeigenerlöse genannt.

Den Vorreiter bei den Einsparungen macht seit Mai die B.Z. Auf einer Belegschaftsversammlung des Boulevardblattes wurde mitgeteilt, dass 30 Redakteursstellen gestrichen werden. Alle Bereiche der Zeitung sind betroffen. Chefredakteur Georg Gafron setzte noch einen drauf und behauptete, er könne sogar mit 50 Stellen weniger auskommen. Auch ohne Döpfners Spardruck hätte er die etwa 160-köpfige Redaktion verkleinert, schließlich sei er als Sanierer bekannt. Bei der B.Z. seien Abläufe nicht optimal. „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, lautet die Botschaft von Gafron, der derzeit seinen Arbeitstag zwischen B.Z.-Chefredaktion sowie der Führung des Berliner Radiosenders Hundert,6 und des Ballungsraumsenders TV.Berlin aufteilt.

30 Stellen weg

Auf Drängen des Betriebsrates wurde eifrig versichert, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben solle. Vor allem sollen bereits vakante Stellen nicht wieder besetzt werden. Erste Gespräche mit Kollegen, die älter als 54 Jahre sind, seien geführt worden – je nach Wunsch, im Beisein eines Betriebsratsmitglieds, so Betriebsrats-Vizechefin Barbara Scharfenecker. Ihnen werden Angebote aufgrund der Altersteilzeitregelungen und der geltenden Vereinbarung zum Rationalisierungsschutz angeboten.

Aber auch Jüngere würden zum Gespräch gebeten. „Kollegen fühlen sich verletzt, in die Ecke gestellt, da ihre Leistungen nicht anerkannt werden. Das schafft Unsicherheit“, so Barbara Scharfenecker. Dazu komme, dass die Stellenstreichungen einher gehen mit der Umstrukturierung der B.Z.-Redaktionsarbeit. Es gebe neue Zuordnungen von Bereichen, veränderte Zuständigkeiten. Vieles werde angeordnet, ohne vorher den Betriebsrat einzubeziehen. Der fordere jedoch sein Informationsrecht ein und stehe dafür, dass keiner unter Druck gesetzt und willkürlich heraus gedrängt werde, versichert die Betriebsrätin.

„Synergie-Konzepte“

Indes brodelt es nicht nur im Boulevardblatt B.Z. Die Synergiekonzepte von Mathias Döpfner, der nächstes Jahr Vorstandschef von Springer werden soll, brechen sich Bahn. „Bild“ und „Bild am Sonntag“, die seit Jahresbeginn mit Bild-Chefredakteur Kai Dickmann zugleich einen gemeinsamen Herausgeber haben, verfügen bereits über ein gemeinsames Ressort Sport und Unterhaltung. Im Juli wird die „Welt am Sonntag“ nach Berlin ziehen. Ressorts wie Auto, Reise, Berufswelt und Sport von „Welt“ und „Welt am Sonntag“ sollen dann zusammengelegt werden. Dass nicht alle Redakteure von Hamburg mit an die Spree ziehen, ist sicher ein erwünschter Nebeneffekt im Sinne reduzierter Kosten.

Auf Kosten der Freien

Die „Berliner Morgenpost“, wie die B.Z. zur Springer-Tochter Ullstein gehörend, beliefert seit einigen Monaten die „Welt“. Eine gemeinsame Produktionsgruppe füllt so bis zu 40 Prozent des Berliner „Welt“-Lokalteils mit Mopo-Material. Die „Morgenpost“ verfügt aufgrund ihrer Lokalanzeiger über die notwendige Kompetenz. Gerade hier geriet der Springer-Sparkurs in den letzten Wochen jedoch ins Schlingern. Die Mopo-Lokalanzeiger werden zu großen Teilen von freien Journalisten bestückt. Ihnen wurden Verträge unterbreitet, wonach sie ihre gesamten Verwertungsrechte an den Springer-Verlag abtreten sollten. Das hieße kostenloser Nachdruck in allen Printmedien des Verlages und gleichfalls in den Online-Produkten. Nahezu 100 freie Mitarbeiter wehrten sich und konnten diese Radikalabtretung vorerst verhindern (siehe M 5/2001).

Sparen auf der einen und Millioneninvestitionen auf der anderen Seite – das war auch die Botschaft bei der Springer-Jahresbilanzkonferenz Anfang Juni in Berlin. Kein Wunder, ist doch der Überschuss im Konzern um fast ein Drittel rückläufig. „Die Jahre 2000 bis 2002 stehen für Springer primär unter dem Zeichen der Zukunftssicherung“, meint Noch-Vorstandsvorsitzender August Fischer. Insgesamt solle ein „erheblicher dreistelliger Euro-Millionenbetrag“ investiert werden, um die auf 3,4 Pro-zent gesunkene Rendite wieder auf 5 Prozent und mehr zu steigern. Dabei setzt Europas größter Zeitungskonzern vor allem auf Zukäufe im Ausland und auf das Internet. Im Inland geht es vor allem um Expansion im Zeitschriftenbereich und die Abwehr von Konkurrenten bei Sonntags- und Gratisblättern.

 

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