Mogelpackung in Münster

Zwei Tageszeitungen mit nahezu identischem Lokalteil

In den Städten Münster, Steinfurt und Greven gibt es weiterhin zwei Tageszeitungen, die Münstersche Zeitung (MZ) und die Westfälischen Nachrichten (WN). Seit Mitte November erscheinen diese mit einem fast identischen Lokalteil, der von den Redaktionen der WN hergestellt wird.

Eingeleitet wurde dieser gravierende Einschnitt in die regionale Medienvielfalt durch eine vom Kartellamt genehmigte Sanierungsfusion, die den deutlich auflagenstärkeren WN im Spätsommer die Übernahme der MZ erlaubte. Von der MZ bleibt nur noch ihr blauer Mantel übrig, der weiterhin vom Alteigentümer, den Dortmunder Ruhr Nachrichten geliefert wird.
Die Übernahme hatte bei den insgesamt 72 festangestellten Beschäftigten in Redaktion, Vertrieb und Verkauf Hoffnungen auf eine tatsächliche Sanierung und längerfristige Weiterbeschäftigung geweckt, die allerdings rasch verflog. Schon Anfang November wurde den Mitarbeitern mitgeteilt, dass die Gesellschaften stillgelegt werden sollen und der Geschäftsbetrieb der MZ Medienholding auf eine neugeschaffene Zeitungsgruppe Münster übergehen werde. Die Holding habe pro Jahr einen Verlust von 2,7 Millionen Euro gemacht, hieß es.
Zwar könnten etwa zwei Drittel der ca. 240 Boten übernommen werden. Vom Rest der Belegschaft höchstens die Hälfte. Nur knapp einer Handvoll der etwa 25 Redakteure aus der Lokal- und Sportredaktion sollen neue Angebote unterbreitet worden sein. Die dreiköpfige Beilagenredaktion produziert zukünftig die Inhalte für das Anzeigenblatt kaufen+sparen, das dem Verlag Altmeppen aus Rheine gehört. Der Rest hat jetzt die Wahl, Leistungen eines eilig mit den Betriebsräten ausgehandelten Sozialplans in Anspruch zu nehmen oder für ein Jahr in eine Transfergesellschaft zu gehen, die von der Dortmunder Agentur Peda betreut wird.
Wohl auch unter dem Eindruck dieser Ereignisse und unter einem gehörigen internen Druck haben sich bis zum 15. November etwa 95 bislang noch kollektiv nach Tarif bezahlte Redakteure der WN entschlossen, neue individuelle Arbeitsverträge zu unterschreiben. Sie nehmen materielle Verschlechterungen in Kauf und bekommen im Gegenzug eine vierjährige Beschäftigungsgarantie. Ganze drei Kollegen sind dem Rat der Journalistengewerkschaften gefolgt und sind standhaft bei ihren alten Arbeitsverträgen geblieben.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Proteste bei TiKTok in Berlin

Rund 150 Beschäftigten der Trust and Safety-Abteilung (Content-Moderation) von TiKTok und einem Teil der Beschäftigten aus dem Bereich TikTok-Live (rund 15 Beschäftigte) in Berlin droht die Kündigung. Das  chinesische Unternehmen plant die Content-Moderation künftig verstärkt durch Large-Language-Models (Künstliche Intelligenz) ausführen zu lassen und die Arbeit an andere Dienstleister auszulagern. Dagegen protestierten heute vor der TikTok-Zentrale in Berlin Beschäftigte und Unterstützer*innen.
mehr »

Der Clickbait mit den miesen Botschaften

„Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, nach diesem Motto bewertete einst Helmut Thoma, der kürzlich verstorbene ehemalige RTL-Chef, den Erfolg von Programmformaten. Dieses für private Sender typische Prinzip findet inzwischen seine Fortsetzung in immer mehr digitalen Nachrichtenportalen. Das untermauert eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin nach der Auswertung von 40 Millionen Schlagzeilen.
mehr »

Halbzeit bei der UEFA Frauen-EM

UEFA-Women’s Euro 2025 heißt das Turnier nach dem Willen des Europäischen Fußballverbands. Bei den Männern wird auf die geschlechtsspezifische Eingrenzung verzichtet. Möglichweise ein Relikt aus den Zeiten, als das Kicken selbstverständlich eine maskuline Sportart war, vermeintlich ungeeignet für die „zarte Weiblichkeit“. 
mehr »

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können. Ungarn und Polen haben es vor Jahren gezeigt, die USA erleben es gerade aktuell und die Welt scheint dabei zuzuschauen: Die Aushebelung demokratischer Strukturen durch gewählte Regierungen.
mehr »