Nicht ohne Tricks

Überprüfung der Künstlersozialabgabe mit einigem Widerstand

„Wir alle brauchen kreative Leistungen. Die Kreativen brauchen die Künstlersozialkasse.“ Unter diesem Slogan startet die Künstlersozialkasse (KSK) eine Werbe- und Aufklärungskampagne. Das scheint bitter nötig. Denn seit der Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes gibt es immer wieder Angriffe auf die Künstlersozialabgabe – und nicht selten versuchen Auftraggeber zu tricksen, indem sie Selbstständige drängen, falsche Rechnungen auszustellen oder ihren Unternehmensstatus zu ändern.

Doch von vorn: Im Sommer 2007 wurde das Künstlersozialversicherungsgesetz reformiert. Ein Kern der Novelle: Verstärkte Stichprobenkontrollen unter den Ver­sicherten. Geprüft wird etwa, welche Einkommen aus (versicherungsfähigen) künst­lerischen oder publizistischen und welche aus (nicht versicherungsfähigen) sonstigen selbstständigen Arbeiten in den letzten vier Kalenderjahren tatsächlich erzielt wurden. „Unternehmen“ ohne Arbeitnehmer – also auch die Versicherten – werden voraussichtlich auch daraufhin intensiver geprüft, ob sie selbst „nicht nur gelegentlich“ als Auftraggeber fungieren.

Überraschender Mehraufwand

Ein zweiter Kern: Aufspüren von Verwertern, die ihrer Abgabepflicht nicht nachgekommen sind. Dagegen versuchen Unternehmerverbände mit zum Teil kruden Argumenten mobil zu machen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag etwa verlautbarte im Dezember, die Künstlersozialabgabe sei „allein deshalb nicht auf so großen Widerstand seitens der Betriebe gestoßen, weil der Kreis der tatsächlich erfassten Verwerter begrenzt gewesen sei.“ Das eigentliche Problem ist damit für den DIHK nicht der fortlaufende Gesetzesbruch abgabepflichtiger Unternehmen, sondern die Kontrolle zur Einhaltung der Gesetze. Einen Monat später setzte der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven nach, die Künstlersozialabgabe bedeute „einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand“, da die Unternehmen nun alle Rechnungen aus den letzten fünf Jahren prüfen müssten. – Stimmt: Alle Unternehmen, die das Gesetz ignoriert haben, müssen dies bei einer Prüfung der Abgabepflicht wohl tun. Da geht es ihnen wie all jenen, die davon „überrascht“ werden, dass es Steuergesetze gibt.
Einige Verwerter bedienen sich besonderer Tricks: Sie fordern Freie auf, ihre (für den Auftraggeber abgabepflichtige) Leistung wie etwa Lektorat in eine (abgabefreie) Tätigkeit wie Korrektorat umzufirmieren – eine Falle, auf die sich die Krea­tiven nicht einlassen sollten, denn damit riskieren sie, aus der KSK herauszufallen. (Informationen über solche Fälle bitte an KSK@mediafon.net) Ähnlich riskant für die Versicherten ist die Gründung einer GmbH mit entsprechender Rechnungstellung, durch die zwar den Auftraggebern keine Abgabepflicht mehr entsteht, wohl aber bei der GmbH – letztlich also den Künstlern und Publizisten selbst. Immer mal wieder kommt es auch vor, dass Auftraggeber die Abgabe vom Honorar abziehen. Dazu die KSK unmissverständlich: „Derartige Vereinbarungen verstoßen gegen das gesetzliche Verbot im Sozialgesetzbuch und sind von Anfang an nichtig.“

Bürokratie und Korrektheit

Zurück zum Präsidenten des Bundesverbandes der Mittelständischen Wirtschaft, Mario Ohoven, dessen „Investor Treuhand“ 2005 vom BGH (Az. III ZR 350/04) verurteilt wurde, an drei Anleger insgesamt über 315.000 Euro zu zahlen, weil man den „bürokratischen Aufwand“ vermieden hat, ordentlich über die Höhe von Provisionen zu informieren. Manchmal wird einfach Bürokratie und Korrektheit verwechselt, aber das hilft eben nicht!


„Risiko-Rechner“

Mit Hilfe eines von dem Juristen und ver.di-Sekretär Wolfgang Schimmel entwickelten sogenannten „Risiko-Rechners“ kann jeder und jede KSK-Versicherte prüfen, wie eine mögliche Prüfung durch die KSK voraussichtlich ausgehen wird.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Initiative: KI besser nutzbar machen

Der Dominanz der globalen Big-Tech-Konzerne etwas entgegensetzen – das ist das Ziel einer Initiative, bei der hierzulande zum ersten Mal öffentlich-rechtliche und private Medienanbieter zusammenarbeiten. Sie wollen mit weiteren Partnern, vor allem aus dem Forschungsbereich, ein dezentrales, KI-integriertes Datenökosystem entwickeln. Dadurch soll die digitale Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Medienstandorts gestärkt werden.
mehr »

Anteil von Frauen in Führung sinkt

Nach Jahren positiver Entwicklung sinkt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus das zweite Jahr in Folge. Der Verein Pro Quote hat eine neue Studie erstellt. Besonders abgeschlagen sind demnach Regionalzeitungen und Onlinemedien, mit Anteilen von knapp 20 Prozent und darunter. Aber auch im öffentlichen Rundfunk sind zum Teil unter ein Drittel des Spitzenpersonals weiblich.
mehr »

Unsicherheit in der Medienlandschaft

Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Auswirkungen auf die Medienbranche wurden auch bei des diesjährigen Münchner Medientagen intensiv diskutiert. Besonders groß sind die Herausforderungen für Online-Redaktionen. Im Zentrum der Veranstaltung  mit 5000 Besucher*innen, mehr als 350 Referent*innen aus Medienwirtschaft und -politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, stand allerdings die Frage, wie Tech-Konzerne reguliert werden sollten.
mehr »

Für faire Arbeit bei Filmfestivals

„Wir müssen uns noch besser vernetzen und voneinander lernen!“, war die einhellige Meinung bei der Veranstaltung der ver.di-AG Festivalarbeit im Rahmen des  Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm. Die AG hatte zu einer Diskussionsrunde mit dem Titel Labour Conditions for Festival Workers: Roundtable & Fair Festival Award Launch eingeladen. Zu Gast waren internationale Teilnehmer*innen. Die Veranstaltung war auch der Startschuss zur ersten Umfragerunde des 4. Fair Festival Awards.
mehr »