„Regionale Lösung“ für Gießen

Hessen erneut Schauplatz zunehmender Pressekonzentration

Ein halbes Jahr nach Verkauf der „Oberhessischen Presse“ (OP) in Marburg ist auch eine der beiden Tageszeitungen im benachbarten Gießen veräußert worden. Die mehrheitliche Übernahme der Zeitungsgruppe des „Gießener Anzeigers“ (GA) durch die in Mainz ansässige „Verlagsgruppe Rhein-Main“ (VRM) ist am 8. Mai bekannt geworden.

GA-Verleger Dr. Wolfgang Maaß, amtierender Vorsitzender des Hessischen Zeitungsverlegerverbands, behält in seinem Besitz die Akzidenzdruckerei der „Brühlschen Universitätsdruckerei“ in Gießen. An die VRM gehen acht Zeitungstitel in Mittel- und Osthessen. Neben dem „Gießener Anzeiger“ (GA) gehören dazu die „Butzbacher Zeitung“, das „Gelnhäuser Tageblatt“ , der „Lauterbacher Anzeiger“ , die „Oberhessische Zeitung“ in Alsfeld, der „Usinger Anzeiger“ und der „Wetterauer Kreisanzeiger“. Zusammen erreichen sie eine Auflage von über 70.000 Exemplaren.

Die VRM gibt in Hessen bereits den „Wiesbadener Kurier“ (WK), das „Wiesbadener Tagblatt“ (WT) und die „Rüsselsheimer Mainspitze“ heraus. Größtes Blatt der Gruppe ist die „Allgemeine Zeitung“ (AZ) Mainz mit einer Auflage von rund 160.000 pro Tag. Die übrigen Titel der VRM erhöhen diese Zahl um weitere 100.000 Exemplare.

Einmal mehr ist Hessen damit Schauplatz der zunehmenden Pressekonzentration. Ein Verlust der Zeitungsvielfalt könnte nicht nur zahlreiche Arbeitsplätze kosten; auch die Leserinnen und Leser müssten sich auf eine Einschränkung des redaktionellen Angebotes einstellen, befürchtet der hessische dju-Landesgeschäftsführer Manfred Moos. Er forderte den Erhalt der Arbeitsplätze in Verlag, Redaktionen und Geschäftsstellen des GA. Die VRM müsse nun beweisen, dass die „regionale Lösung“ tatsächlich besser sei als der Einstieg eines Großverlages. Einige Medienkonzerne hatten ebenfalls Interesse an einer Übernahme des GA gezeigt.

Die wirtschaftliche Situation des Gießener Verlages war seit Jahren angespannt. Seit Herbst 1996 hatte Maaß der Belegschaft im Rahmen von Betriebsvereinbarungen zur Beschäftigungssicherung Einkommenseinbußen zugemutet. Die „regionale Lösung“ bietet nach Auffassung von Manfred Moos nun eine Chance für den Erhalt der mittelhessischen Zeitungstitel, da die Mainzer auch in Hessen über genügend Erfahrung mit Lokal- und Regionalzeitungen verfügen.

Weitere Veränderungen in der hessischen Zeitungslandschaft sind nicht auszuschließen. Erst im März 2002 hatte die Ippen-Gruppe die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ (HNA) in Kassel übernommen. OP-Verleger Dr. Wolfram Hitzeroth verkaufte Mitte November des vergangenen Jahres 51% seines Verlages an die Madsack-Gruppe in Hannover. Bei der Zeitungsgruppe Lahn-Dill in Wetzlar existieren – unbestätigten Gerüchten zufolge – Überlegungen, ihre „Marburger Neue Zeitung“ (MNZ) einzustellen. Das Marburger Blatt hatte der Verlag erst im September 1997 auf den Markt gebracht. Gegen die Konkurrenz der OP konnte die MNZ aber kaum Fuß fassen.

 

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