Nachrichten um den Berliner Verlag mit den DuMont-Blättern „Berliner Zeitung“ und „Berliner Kurier“ gab es in den vergangenen Tagen Schlag auf Schlag. So hat der designierte Chefredakteur Jochen Arntz sein Amt bei der „Berliner Zeitung“ nicht wie geplant Anfang Oktober angetreten. Das Pressehaus am Alexanderplatz wurde gerade an New Yorker Investoren verkauft und der Betriebsrat vermeldet in kurzen Abständen, was er sonst noch erfährt – in der Regel nicht von der eigenen Geschäftsführung. Klare Ansagen zu Verlagsstrategie und künftigem Engagement für die Hauptstadtblätter gibt DuMont nicht, allerdings verdichten sich Spekulationen zunehmend zu Tatsachen.
Der Konzernbetriebsrat (KBR) des Berliner Verlags informierte Anfang voriger Woche, dass der geplante Umzug vom Alexanderplatz in das neu angemietete Bürogebäude mit einem ersten Schub am 7. Dezember 2016 beginnen solle. Erfahren habe man das aus dem Buschfunk. Auch die Bezugspläne für das neue Haus, zu denen die Betriebsräte seit Monaten nur vertröstende Antworten erhalten haben, seien bereits fertig, heißt es in der KBR-Information. Und: „Wie sich jeder überzeugen kann, der am neuen Haus vorbeigeht, sind in mehreren Etagen bereits Zwischenwände eingezogen worden.“ Der Neubau sei aber definitiv zu klein für die Zahl der derzeit Beschäftigten. „Maximal 380 Arbeitsplätze für 470 Kolleginnen und Kollegen – diese Differenz steht uns vor Augen, wenn über den nahenden Umzug gesprochen wird“, so die Interessenvertreter. Allerdings werde mit ihnen offiziell eben nicht darüber gesprochen. Dass vollendete Tatsachen ohne die im Betriebsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Beratungen geschaffen würden, kritisieren sie scharf. Zwar würden die Betriebsräte über Teppichfarben, Raumakustik oder eine Auswahl der Möbel informiert, aber nicht darüber, wer eigentlich umzieht und wohin. Seit Langem sei klar, dass „die konkreten Planungen wohl in der letzten Oktoberwoche“ vorgestellt würden, heißt es auf M-Nachfrage vom Konzernsprecher in der Kölner Zentrale, nicht ohne den Zusatz: „Die Betriebsräte sind in den vergangen Monaten stets über die für sie relevanten Schritte der Gesellschaften informiert worden, für die sie zuständig sind.“
Die dritte große Sanierungswelle?
Fakt ist: Seit Monaten wird hinter verschlossenen Türen an einem Berliner „Redaktionsprojekt“ gewerkelt, dass darauf ziele – so die DuMont-Sprechweise – „mit einer zukunftsweisenden Organisation im neuen Gebäude an der Alten Jakobstraße auf die Anforderungen des digitalen Wandels reagieren zu können“. Dieses Konzept soll Ende Oktober vorgestellt werden. Es sei „ein offenes Geheimnis, dass die ‚Berliner Zeitung’ nach wie vor eine große Baustelle ist“ und dass die bisherigen zwei großen „Sanierungswellen“ den erhofften „durchschlagenden wirtschaftlichen Erfolg“ nicht erbrachten, hatte Dr. Christoph Bauer, Vorstandsvorsitzender der DuMont-Mediengruppe, Mitte September erklärt. Bauer knüpfte die Aussicht, „aus uns selbst heraus profitabel werden zu können“, an die Kooperation mit „Berliner Morgenpost“ und „Der Tagesspiegel“ im Verlagsbereich. In dieser Sache gibt es Neuigkeiten in Details, wie kürzlich die Mitteilung, dass DuMont für kaufmännische Prozesse künftig die Informations- und Verkaufsanwendung VI&VA aus dem Hause Madsack einsetzen werde. Um zu klotzen, statt zu kleckern, wartet man wohl auf die ausstehende Novelle des Kartellrechts.
Denn, so pfeifen es Branchenkenner längst von den Dächern: Es gehe für DuMont in Berlin nicht nur um ein „neues Redaktionskonzept“. Vielmehr, so sieht es etwa Uwe Vorkötter, früher Chefredakteur der „Berliner Zeitung“, suche man auch „gesellschaftsrechtliche Konstruktionen, die dem Kölner Konzern drastischen Personalabbau in Berlin ermöglichen, möglichst ohne durch die restriktiven arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen zu Sozialauswahl und Sozialplänen beeinträchtigt zu werden“.
Einen ähnlichen „Reim darauf“ machen sich offenbar die Betriebsräte. In einem Gespräch mit den Geschäftsführern haben sie Ende vergangener Woche Aufklärung verlangt, ob es stimme, das „Berliner Kurier“ und „Berliner Zeitung“ samt ihren Online-Auftritten „künftig außerhalb der bestehenden Unternehmen und Betriebe in einer völlig anderen Gesellschaft produziert werden sollen, und ob es stimmt, dass dies ohne Betriebsübergang stattfinden soll“. Kein Kommentar, habe es erneut geheißen.