Wie zur Zeit des Pyramidenbaus

Junge Branche, alte Muster – eine Bestandsaufnahme von connexx.av

Wie arbeiten die Beschäftigten der Neuen Medien, nachdem sie den märchenhaften Hype und die Baisse der Branche miterlebt haben? In einer bundesweiten Befragung stellte das ver.di-Projekt connexx.av den Beschäftigten der New Economy diese Frage.

Die Branche ist jung, kinderlos und hochgebildet. 83 % haben Abitur, 48 % einen Studienabschluss. Längst ist sie kein Pool für Studienabbrecher mehr:
Nur in der Webprogrammierung und Netzwerkadministration ist der Anteil mit 28 % bzw. 20 % relativ hoch. Lediglich 28 % haben bisher eine multimediaspezifische Ausbildung.

Gearbeitet wird flexibel in Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit. Im Durchschnitt werden 5,2 Überstunden pro Woche geleistet. Freie Mitarbeiter arbeiten im Schnitt 47,3 Stunden. Wegen der Flexibilität werden diese Arbeitszeitmodelle von 71 % der Befragten als positiv bewertet.

Die Belastung wird dagegen von 70 % als alarmierend hoch empfunden und „Verhältnisse wie zur Zeit des Pyramidenbaus in Ägypten“ angeprangert. Als Ursachen dafür werden vor allem Zeit- und Leistungsdruck angeführt und fehlende Weiterqualifizierung bemängelt. In Betrieben mit Betriebsrat (das sind 56 %) ist die Belastung weniger hoch als in solchen ohne Betriebsrat: Im Schnitt werden in Betrieben mit BR 4,6 Überstunden geleistet, in solchen ohne 6,3. Dafür Freizeitausgleich zu nehmen ist eher in Betrieben mit Betriebsrat möglich.

Die Stimmung in der Branche ist eher gedämpft. 66 % glauben, dass die Talsohle noch nicht durchschritten ist und 60 % spüren seit der Krise ein verschlechtertes Betriebsklima.

Bei der allgemeinen Zurückhaltung der Branche gegenüber Gewerkschaften ist erstaunlich, dass neben Beratung und Vertretung von Gewerkschaften vor allem tarifliche Regelungen erwartet werden. „Tarifverträge wären super. Müssen unbedingt moderner werden. Wirken immer noch sehr verstaubt“, findet ein Beschäftigter. Für connexx.av wie für die New Media Branche ist das eine große Herausforderung: ein den Bedürfnissen der Beschäftigten angepasster Tarifvertrag.

Kathlen Eggerling
Projektmanagerin connexx.av Hamburg


Die Studie

kann bestellt werden unter:

oder als Download unter www.connexx-av.de.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Pokerspiele der Süddeutschen Zeitung

Bei einer Betriebsversammlung des Süddeutschen Verlags am vergangenen Dienstag ruderte Geschäftsführer Dr. Christian Wegner etwas zurück. Er deutete an, dass der Stellenabbau in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ) nicht ganz so dramatisch ausfallen könnte wie bislang befürchtet. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der Verlag in München für das laufende Jahr mit einem Abbau von 30 Vollzeitstellen plant. Die dju in ver.di kritisiert das Vorhaben scharf.
mehr »

Echte Menschen in Film und Fernsehen

Wie wird Künstliche Intelligenz das Filmgeschäft verändern? Und welche Auswirkungen hat die Technologie auf die Kreativen? Die Erwartungen an KI sind groß, die Befürchtungen aber auch. Denn Algorithmen können mit Hilfe von großen Datenmengen schon heute Stimmen oder Deepfakes erstellen. Auf der Fernseh- und Streaming - Messe MIPTV in Cannes beschäftigte das Thema die internationale Branche.
mehr »

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »