Zeit abgelaufen für Total Buy-Out

Gewerkschaften obsiegten gegen AGB des Zeit Verlages

Umfangreich eingeräumte Nutzungsbedingungen, abgegolten mit einem einmaligen Pauschalhonorar sind ungültig – zu diesem Ergebnis kam bereits im Juni vergangenen Jahres das Landgericht Hamburg (Az. 312 O 224/10). Aber erst im Dezember wurde das Urteil versandt – und dort wurde deutlich, dass die Richter der Argumentation von dju in ver.di und DJV komplett gefolgt sind. Die Gewerkschaften hatten gegen die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Zeit-Verlages (Die Zeit, Zeit Magazin, Zeit online) eine einstweilige Verfügung erwirkt.


Nach dem Urteil darf der Verlag nicht von den freien Autoren verlangen, dass sie gegen ein einmaliges Pauschalhonorar umfänglich ihre Rechte abtreten. Dies hatte der Verlag sogar für Beiträge verlangt, die in der Vergangenheit erschienen waren. Dies ist nach Ansicht des Gerichts unwirksam: „Eine solche Klausel, mit der durch die erste und einzig gezahlte Vergütung alle Nutzungen und Verwertungsrechte – einschließlich des Rechts zur Übertragung – durch die Antragsgegnerin selbst oder Dritte abgegolten sind, widerspricht dem gesetzlichen Leitbild, wonach der Urheber ausnahmslos an jeder Nutzung seines Werkes zu beteiligen ist.“ Es ist ebenfalls unzulässig, die Rechte weltweit für die Dauer der gesetzlichen Schutzfrist zu fordern. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) müssen die Interessen der Urheber bei der Vergütung angemessen berücksichtigt werden. Der BGH bezog sich hierbei zwar auf Übersetzer, aber letztlich nicht nur auf diese Berufsgruppe, es nannte sie im Urteil Urheber. Der Zeit-Verlag hatte argumentiert, Textautoren könnten anders als Übersetzer eine Vielzahl von Beiträgen zum gleichen Thema verfassen und verschiedenen Verlagen anbieten. Hier zeigte das Landgericht Hamburg, wie gut die Richter die tatsächlichen Marktverhältnisse kennen: Dies sei zwar grundsätzlich richtig, „nach Erfahrung der Kammer aber keineswegs üblich, was sich nur so erklären lässt, dass Verlage nicht daran interessiert sind, einen bereits veröffentlichten Artikel geringfügig abgeändert als ‚Zweitverwerter’ noch einmal erscheinen zu lassen.“ Würde der Artikel im größeren Umfang geändert, sei der Arbeitsaufwand für den Autor mit einer Neuerstellung vergleichbar.
Ebenso unzulässig ist der Ausschluss des Auskunftsanspruchs, wo der eigene Beitrag durch den Verlag oder sogar durch Dritte verwendet wurde. „Das Urteil bestätigt erneut unsere Rechtsauffassung und stärkt die freien Journalistinnen und Journalisten“, sagte Ulrike Maercks-Franzen, dju-Bundesgeschäftsführerin. Es ist zu erwarten, dass es auch auf künftige Urteile zu zweifelhaften AGB Einfluss haben wird.

Weitere aktuelle Beiträge

Proteste bei TiKTok in Berlin

Rund 150 Beschäftigten der Trust and Safety-Abteilung (Content-Moderation) von TiKTok und einem Teil der Beschäftigten aus dem Bereich TikTok-Live (rund 15 Beschäftigte) in Berlin droht die Kündigung. Das  chinesische Unternehmen plant die Content-Moderation künftig verstärkt durch Large-Language-Models (Künstliche Intelligenz) ausführen zu lassen und die Arbeit an andere Dienstleister auszulagern. Dagegen protestierten heute vor der TikTok-Zentrale in Berlin Beschäftigte und Unterstützer*innen.
mehr »

Der Clickbait mit den miesen Botschaften

„Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, nach diesem Motto bewertete einst Helmut Thoma, der kürzlich verstorbene ehemalige RTL-Chef, den Erfolg von Programmformaten. Dieses für private Sender typische Prinzip findet inzwischen seine Fortsetzung in immer mehr digitalen Nachrichtenportalen. Das untermauert eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin nach der Auswertung von 40 Millionen Schlagzeilen.
mehr »

Halbzeit bei der UEFA Frauen-EM

UEFA-Women’s Euro 2025 heißt das Turnier nach dem Willen des Europäischen Fußballverbands. Bei den Männern wird auf die geschlechtsspezifische Eingrenzung verzichtet. Möglichweise ein Relikt aus den Zeiten, als das Kicken selbstverständlich eine maskuline Sportart war, vermeintlich ungeeignet für die „zarte Weiblichkeit“. 
mehr »

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können. Ungarn und Polen haben es vor Jahren gezeigt, die USA erleben es gerade aktuell und die Welt scheint dabei zuzuschauen: Die Aushebelung demokratischer Strukturen durch gewählte Regierungen.
mehr »