Zurück zur alten Stärke!

WAZ-Titel versammeln sich um „großen Tisch“

Mit dem neuen NRW-Verlagsgeschäftsführer Manfred Braun soll es wieder aufwärts gehen mit den vier Zeitungstiteln der WAZ-Mediengruppe in NRW, die in der jüngsten Vergangenheit deutlich über dem Branchenschnitt Auflage verlieren. Fünf Arbeitsgruppen und zwei Professoren werden dafür eingespannt.


Der 58-jährige Braun ist schon seit Oktober 2007 leitend in den Diensten der WAZ-Mediengruppe. Er managt eigentlich die WAZ Women Group (Echo der Frau, Das Goldene Blatt), die gerade erst von Düsseldorf nach München-Ismaning umgezogen ist. Nun darf er auch im Tageszeitungsgeschäft ran. Mit Unterstützung einiger Mitarbeiterinnen, die mit ihm von der Isar an die Ruhr gekommen sind und mit Kick-Off-Meetings für frischen Wind sorgen wollen. Braun hat sich zusammen mit seinen Chefredakteuren an die „lieben Mitarbeiterinnen, lieben Mitarbeiter“ gewendet. Gleich fünf Arbeitsgruppen sind auf einer gemeinsamen Klausurtagung der Chefredakteure zur „Qualitätsoffensive 2011“ ins Leben gerufen worden: „Buch- und Blattstruktur“, „Layout“, „Ausgabenstruktur“, „Redaktion“ und „Orga und Personal“. Die sollen sich best-practice-Beispiele anderer Regionalzeitungen ansehen und Verbesserungsvorschläge machen. Unterstützt werden die Arbeitsgruppen vom Prof. Klaus Schönbach (Wien) und dem Emeritus Prof. Günther Rager (Dortmund) sowie vom WAZ-eigenen Marketinginstitut akm. Im Herbst soll dann ein Maßnahmenpaket vorliegen, damit die geschwächten WAZ-Titel „wieder zu alter Stärke“ zurückfinden. Die Autoren sind sich sicher, die Kraft zu haben, um die Titel „wieder inhaltlich und wirtschaftlich erfolgreich am Markt zu positionieren“.

Offensichtlich Erfolgszahlen

Der wirtschaftliche Erfolg soll sich nach eigentlich verlässlichen Zahlen schon in 2010 eingestellt haben. Da ist von einer Umsatzrendite von 8 Prozent und einem (hauptsächlich von den Anzeigenblättern) erwirtschafteten Konzerngewinn in NRW von 30 Millionen Euro die Rede. Offiziell bestätigt werden diese Zahlen nicht, eher dementiert. Was angesichts laufender Tarifrunden auch nicht verwundert. Die dju Westliches Westfalen lässt sich dadurch jedenfalls nicht beirren. Sie hat sich für den laufenden Tarifkonflikt wetterfeste Schrifttafeln in Din A2-Größe anfertigen lassen. Aufschrift: „Wir machen Zeitung – ihr macht Profit“.
Unstrittig ist aber, dass die Redaktionen der Westfälischen Rundschau (WR, Dortmund) und der Westfalenpost (WP, Hagen) enger zusammenrücken werden. An einem gemeinsamen Südwestfalentisch, der wahrscheinlich in Hagen-Bathey in den Räumlichkeiten des Druck-und Verlagszentrums der WAZ entstehen wird. Offiziell lautet die Antwort zur Standortfrage: „Das hauseigene Facility-Management sucht derzeit nach einer geeigneten WAZ-Immobilie.“ Zum Herbst 2011 sollen die Pläne für Südwestfalen von den Chefredakteuren Malte Hinz und dem neuen WP-Chefredakteur Stefan Hans Kläsener (Nachfolger von Bodo Zapp) zum Herbst 2011 umgesetzt werden. Dann ist Stühlerücken angesagt. Denn an dem „großen Tisch“ sollen zukünftig die WR-Ausgaben Märkischer Kreis, Hagen, Hochsauerland und Siegen produziert werden, dazu sämtliche Lokalausgaben der Westfalenpost. Der Newsdesk für den Märkischen Kreis in Lüdenscheid wird nach drei Jahren wieder abgebaut. Etwa 30 bis 40 Mitarbeiter (inklusive Onlinern und Fotografen) werden dort beschäftigt sein. Den kostensparenden Vorteil dieser Tischlösung sehen die Chefredaktionen darin, dass insbesondere in den Spät- und Wochendendiensten mit weniger Personal mehr Zeitung produziert werden kann! Dabei schiebt die Westfalenpost noch ein Problem vor sich her. Seitdem Die Stimme der Heimat weite Teile des Mantels vom zentralen Essener Content-Desk bezieht, sind dort nach den Zahlen der Unternehmensberatung Schickler noch 10 Mitarbeiter zu viel beschäftigt.
Parallel zur Neustrukturierung in Südwestfalen soll es Pläne gegeben haben, ein Pendant zum „großen Tisch“ auch für die Region Ruhrgebiet und Niederrhein und die beiden anderen Titel Westdeutsche Allgemeine Zeitung und Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung in Essen einzurichten, der die Regiodesks in Essen, Duisburg und Bochum zusammenführen soll. Nach allem was zu erfahren ist, sind diese Pläne aber erstmal vom Tisch.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Pokerspiele der Süddeutschen Zeitung

Bei einer Betriebsversammlung des Süddeutschen Verlags am vergangenen Dienstag ruderte Geschäftsführer Dr. Christian Wegner etwas zurück. Er deutete an, dass der Stellenabbau in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ) nicht ganz so dramatisch ausfallen könnte wie bislang befürchtet. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der Verlag in München für das laufende Jahr mit einem Abbau von 30 Vollzeitstellen plant. Die dju in ver.di kritisiert das Vorhaben scharf.
mehr »

Echte Menschen in Film und Fernsehen

Wie wird Künstliche Intelligenz das Filmgeschäft verändern? Und welche Auswirkungen hat die Technologie auf die Kreativen? Die Erwartungen an KI sind groß, die Befürchtungen aber auch. Denn Algorithmen können mit Hilfe von großen Datenmengen schon heute Stimmen oder Deepfakes erstellen. Auf der Fernseh- und Streaming - Messe MIPTV in Cannes beschäftigte das Thema die internationale Branche.
mehr »

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »