Reich durch Medien wird nicht nur Musk

Axel-Springer-Hochhaus in Berlin Foto: Christian von Polentz

Meinung

Jeden Tag drei neue Trump-Videos, zwei neue Musk-Gesten, ein neues Zuckerberg-T-Shirt: Die newsgetriebene Medienwelt wartet auf jedes Zucken im neuen autoritären Zirkus jenseits des Atlantiks. Ohne diesen zu relativieren zu wollen: Wer nimmt die Medienmilliardäre oder von Superreichen gepäppelten Portale diesseits des großen Wassers unter die Lupe?

Journalistin Claudia Krieg

Die „tageszeitung“ hat recherchiert: Multimillionär Frank Gotthardt fördert das rechtspopulistische Onlineportal Nius und hat inzwischen auch eine TV-Lizenz. Gotthardt hat sein Geld vor allem mit Software für Arztpraxen gemacht und zählt Nius zu seinen „privaten Themen“. In der Gründung eines Mediums „rechts der Mitte“ sieht Gotthardt eine „kaufmännische, mediale und staatsbürgerliche Chance“, wie er 2024 in einem Regionalpodcast erzählte. Mit der Verbreitung von Ressentiments gegenüber Menschen, die als nichtdeutsch gelten, Geld verdienen? Mit Julian Reichelt, der Nius aufgezogen hatte, nachdem er 2021 „wegen sexuell konnotierter Beförderungspolitik aus dem Springer-Verlag ausscheiden musste“, hat Gotthardt da den richtiger Partner.

Medienimperium im Aufbau

Apropos Springer: in der Beilage „Superreiche und Medien“ widmet sich ebenfalls die taz am Wochenende auch Matthias Döpfner. Dieser hatte erst neulich im Interview die Bedeutung des Portals Politico für den Konzern betont. 881 Millionen Dollar hatte der Springer Konzern unter dem Milliardär Döpfner für das US-amerikanische Portal 2021 hingeblättert und es auch in Europa zum Erscheinen gebracht. Von einem Umsatz von 260 Millionen Dollar allein durch Abos der US-Regierung spricht laut Kressmedien die Washington Post. In Europa sind die Zahlen – auch im Verhältnis – bislang noch deutlich geringer. Der Gewinn beträgt demnach bisher „nur“ 2,47 Millionen Euro. Auch der in New York ansässige Onlinenachrichtendienst Business Insider gehört zum Springer-Imperium, weiterhin die Jobbörse Stepstone und mehrere Immobilienplattformen.

Reich durch fossile Industrie

Woher nahm der Springer-Konzern eigentlich das nötige Kleingeld für diesen Pandemie-Online-Einkauf? Das Geld für den Expansionskurs kam vor allem von KKR (früher Kohlberg Kravis Roberts & Co.) einer der größten Investment-Gesellschaften der Welt, die zuletzt über 500 Milliarden Dollar angehäuft hatte, indem sie ein paar Jahre bei Öl- und Gasunternehmen einstieg und sich anschließend mit großem Gewinn wieder aus ihnen verabschiedete. Laut Global Energy Monitor ist KKR gegenwärtig am Ausbau von 188 Anlagen für fossile Brennstoffe in 21 Ländern beteiligt, dokumentiert sind zahlreiche Umweltverstöße, unter anderem beim Ausbau von Flüssiggasanlagen in den USA, schreibt die taz. Die klimaschädlichen Emissionen sollen 6.500-mal so hoch sein wie gegenüber den Anteilseignern dargestellt.

Schenkungssteuer gespart

Die Aktien-Bewertung des Springer-Konzerns hat sich durch diese finanzielle Kooperation binnen fünf Jahren etwa verdoppelt. Matthias Döpfner hält zusammen mit der Erbin Friede Springer 98 Prozent der Anteile am Konzern. 2020 hatte Döpfner Friede Springer einen kleinen Anteil des Konzerns abgekauft und zusätzlich einen größeren Teil von ihr geschenkt bekommen. Weil Juristen eine Konstruktion fanden – „selbstverständlich nach den Regelungen des geltenden Steuerrechts“ wie ein Konzernsprecher gegenüber dem Manager Magazin versicherte – konnten die 50 Prozent Schenkungssteuer, die der Staat eigentlich erhalten hätte, gespart werden.

Wen die Entwicklungen in den USA allein aufgrund ihres schieren Tempos beunruhigen oder entsetzen, kann sich also auch am Beispiel Nius und Springer anschauen, was in fünf Jahren möglich ist, wenn es darum geht, zweifelhaft erwirtschaftetes Geld mit Medien und Macht zu verknüpfen. Das heißt nicht, dass nicht auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Gehaltssummen kursieren, die für tausende von Entlassungen bedrohte Journalist*innen ein Schlag ins Gesicht sind. Hier sind gute Recherchen und die Gewerkschaften gefragt.

Jetzt ist auch die Zeit für starke medienpolitische Forderungen, denn neben Verkehr, Gesundheit, Bildung, Kultur und Klimaschutz gehört auch die Absicherung von nicht-profitabler Information über unabhängige, durch Pressefreiheit geschützte Medien ganz sicher nicht zu dem, an was die zukünftige Regierung bei ihren Infrastruktur-Milliarden zuerst denkt. Dabei herrscht hier bereits bedrohlich Schlagseite.

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