Meinung
Gegen ein solches Vorhaben ist grundsätzlich nichts einzuwenden, denn Zeitungs- und Zeitschriftenverlage befinden sich in der Tat in nicht nur wirtschaftlich herausfordernden Zeiten, auch wenn viele von ihnen – im Vergleich zu anderen Branchen und ihrem gebetsmühlenartig vorgetragenen Wehklagen zum Trotz – noch immer ordentliche Renditen erwirtschaften.
Tarifbindung ist Voraussetzung
Eine Unterstützung von Presseverlagen über den Umweg einer Mehrwertsteuersenkung darf es aber nur mit klar definierten Regeln geben. Subventionen für Verlage – nichts anderes ist eine Absenkung der Mehrwertsteuer – sind nur vertretbar, wenn die begünstigten Unternehmen sich an sozialstaatliche Mindeststandards halten. Und dazu gehört an vorderster Stelle das Bekenntnis zur Tarifbindung und zu Honoraren für freie Journalist*innen, von denen diese auch leben können.
Denn auch Beschäftigte in den Verlagen haben einen Begleitschutz durch die Politik verdient. Der wird vielen Verlags-Belegschaften allerdings seit Jahren versagt. Immer mehr Unternehmen der Branche haben sich aus der Tarifbindung verabschiedet und landauf, landab Tochtergesellschaften gegründet, in denen Medienschaffende zu Dumpingkonditionen beschäftigt werden. Die Politik hat diesem Treiben quer durch die Parteienlandschaft scheinbar desinteressiert zugeschaut. Die SPD, die selbst Medienunternehmerin ist, hat an der Tarifflucht in der Zeitungsbranche sogar aktiv mitgewirkt.
Begleitschutz für Beschäftigte
Markus Söder hat – wie die übrige deutsche Politik – von der Europäischen Union einen klaren Auftrag erhalten. Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten sollen einen Aktionsplan erarbeiten, um die Tarifbindung auf 80 Prozent der Arbeitnehmer*innen auszudehnen. Davon ist die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen und die Verlagsbranche im Speziellen aber schon lange meilenweit entfernt. Journalistinnen und Journalisten warten deshalb gespannt darauf, wann der ehemalige Journalist Markus Söder zusammen mit anderen politisch Verantwortlichen auch eine Begleitschutz-Initiative für die Beschäftigten in den Verlagen startet.