Bremer Medienrazzia rechtswidrig

Jetzt steht es endgültig fest: Die so genannte „Bremer Medienrazzia“ von 1996 war rechtswidrig. Nach dreijährigem Rechtsstreit hat dies jetzt das Landgericht Bremen entschieden – unanfechtbar.

Zur Erinnerung: Bremer Zeitungs- und Fernsehredaktionen veröffentlichten 1996 den internen Entwurf eines Rechnungshofberichtes über angebliche Haushaltsrechtsverstöße im Bildungsressort. Die Staatsanwaltschaft durchsuchte daraufhin vier Redaktionen und drei Journalistenwohnungen. Sie wollte damit jenem (bis heute unbekannten) Behördenmitarbeiter auf die Spur kommen, der den Medien das Papier zugespielt und damit das Dienstgeheimnis verletzt hatte. Die Razzia löste bundesweit Proteste von Journalisten und Politikern aus.

Die betroffenen Medien legten sofort Beschwerden ein, scheiterten damit aber zunächst vor dem Landgericht aus formalen Gründen. Das Bundesverfassungsgericht entschied dann aber 1998, das Landgericht müsse den Vorgang doch auch inhaltlich überprüfen.

Das ist jetzt geschehen. Unter den Aktenzeichen 14 Qs 356/96 u.a. verlangt die 4. Strafkammer nunmehr eindeutig, daß die Staatsanwaltschaft bei so „schwerwiegenden Eingriffen“ in den Bereich der Pressefreiheit besonders sorgfältig und „restriktiv“ die Verhältnismäßigkeit beachten müsse.

Das Gericht hält den Ermittlern zwar zugute, daß sie nicht lediglich ein Bagatelldelikt verfolgen wollten und daß mildere Mittel weniger Erfolg versprochen hätten. Doch hätten die Staatsanwälte vor der Razzia klären müssen, ob der Fortgang des Ermittlungsverfahrens „ansonsten gesichert ist“. Dies sei hier aber nicht geschehen: Verletzungen von Dienstgeheimnissen dürften nur verfolgt werden, wenn die Chefs der geschädigten Behörden zustimmen; diese Ermächtigung habe vorab nur für den Rechnungshof vorgelegen. In der Tat scheiterte später das Verfahren daran, daß der damalige Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU) nach der Razzia die Verfolgungsermächtigung verweigerte.

Die IG Medien lobte die Gerichtsentscheidung als Erfolg für die Pressefreiheit. IG-Medien-Jurist Wolfgang Schimmel erinnerte allerdings daran, daß die Absicherung des Redaktionsgeheimnisses in der Strafprozeßordnung immer noch „unvollständig und mißverständlich“ sei und endlich klarer formuliert werden müsse.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Löschen nur bei Falschangaben

Suchmaschinen müssen fragwürdige Artikel nur dann löschen, wenn die Betroffenen Falschangaben belegen können. Dabei sind Google und Co. nicht verpflichtet, selbst in solchen Fällen zu ermitteln und von sich aus auf die Betroffenen zuzugehen. Mit diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 23. Mai eine wichtige Entscheidung zum so genannten Recht auf Vergessenwerden gefällt. Wer sich verleumdet sieht, muss also selbst aktiv werden. 
mehr »

Gesetz zum Schutz von Whistleblowern verabschiedet

Nach dem Bundesstag hat heute auch der Bundesrat das neue Regelwerk zum Whistleblower-Schutz verabschiedet. Damit wurde endlich – nach anderthalbjähriger Verspätung – die Whistleblowing-Richtlinie der EU umgesetzt. Da dieser Schritt überfällig war, wird das sogenannte Hinweisgeberschutzgesetz zwar begrüßt, steht jedoch nach wie vor in der Kritik, da es keinen umfassenden Schutz für Whistleblower beinhaltet. Das Gesetz soll noch im Juni in Kraft treten.
mehr »

Gang nach Karlsruhe wegen Staatstrojanern

Reporter ohne Grenzen (RSF) hat beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen die rechtliche Grundlage für den Einsatz sogenannter Staatstrojaner durch den Bundesnachrichtendienst (BND) eingelegt. Die Beschwerde richtet sich zudem gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, das am 25. Januar eine Klage von RSF in derselben Sache als unzulässig abgewiesen und bemängelt hatte, dass die Organisation ihre Betroffenheit nicht hinreichend nachgewiesen habe.
mehr »

Medien und Recht: Was sind Texte, Fotos und Videos eigentlich wert?

Welche Vergütung für ein Werk ist angemessen und wie hoch ist sie, wenn das Urheberrecht verletzt wurde? Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) soll das Einkommen von Kreativen sichern, indem es verhindert, dass Werke wie Texte, Fotos oder Videos ohne Erlaubnis verwendet werden. Denn bei geistigen Leistungen ist die Gefahr groß, dass sich andere einfach an ihnen bedienen und die Ur-heber*innen leer ausgehen. Aber selbst wenn eine Erlaubnis erteilt wurde, ein Werk zu nutzen, muss die Vergütung „angemessen“ sein. Ist dies nicht der Fall, können Urheber*innen verlangen, dass der Vertrag dahingehend geändert wird, dass sie eine angemessene Vergütung erhalten, selbst wenn im Vertrag etwas…
mehr »