Dortmund verlor gegen Lensing-Wolff

Landgericht Dortmund Foto: Alexander Völkel

Eine „schallende Ohrfeige“ für die Stadt Dortmund gab es von der 3. Zivilkammer des Landgerichts: Sie gab der Klage des Verlags Lensing-Wolff „voll umfänglich Recht“. Der Verlag der Ruhrnachrichten hatte die Stadt auf Unterlassung verklagt, weil das Internetangebot dortmund.de einen wettbewerbsrechtlichen sowie einen Verstoß gegen die Staatsferne darstelle. Im Klartext: Die Stadt darf den privaten Medien keine Konkurrenz machen.

Lensing-Wolff ging gegen die Stadt Dortmund juristisch vor, weil ihm die medialen Online-Aktivitäten der Stadt zu weit gehen. Das Medienhaus sieht eine Grenze überschritten, weil die Stadt auf ihrem Portal zu viel Berichterstattung macht, die nichts mit der orginären Aufgabe einer Stadtverwaltung zu tun hat und damit in Konkurrenz zum medialen Platzhirsch in Dortmund tritt. Der Verlag vertritt den Standpunkt, dass es seine Aufgabe sei, dies zu tun. Die Stadt widersprach dem nicht. Im Gegenteil: Sie betonte allerdings, quasi zu der Berichterstattung gezwungen zu sein, weil der Verlag eben dieser Aufgabe nicht (mehr) beziehungsweise nicht ausreichend nachkomme.

Keine Unterscheidung von privaten Nachrichtenportalen

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Richter Tim Schlözer machte bei der Verkündung des Urteils deutlich, dass es einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gebe, weil sich auf der Stadt-Website „Aufmachung und Ausgestaltung, von Ausnahmen abgesehen, nicht wesentlich von einem privaten Nachrichtenportal unterscheiden“.

Das Dortmunder Landgericht folgte damit der höchstrichterlichen Einschätzung des Bundesgerichtshofs aus dem vergangenen Dezember, der gegen das „Crailsheimer Stadtblatt II“ (BGH, Urteil vom 20.12.2018, Az. I ZR 112/17) entschieden hatte. Zwar habe bei dieser Entscheidung ein kommunales Printmedium in Rede gestanden. Die dazu vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze seien aber nach Auffassung der Kammer auf das städtische Internetportal Dortmunds ebenso anzuwenden. Es weise einen „pressesubstituierenden Gesamtcharakter auf“, was nach dem BGH-Urteil unzulässig sei, so Schlözer. Die öffentliche Hand dürfe sich nur „in engen Grenzen“ im Bereich der Presse betätigen.

Kommunen und Städtetag blicken auf Dortmund

Das Urteil ist deshalb von besonderem Interesse, weil es sich zum ersten Mal gegen das Online-Angebot einer Kommune richtet. Bisher waren nur Printprodukte in verschiedenen Städten erfolgreich von Verlagen beklagt worden. Daher blicken Kommunen bundesweit und auch der Städtetag sehr genau auf die Dortmunder Entscheidung.

Konkret beklagt wurde das Internetangebot vom 15. Mai 2017 – dem Tag nach einer großen BVB-Jubelfeier mit Korso durch die Stadt. Weder dieser noch eine Vielzahl anderer Artikel, Interviews und Rubriken hätten etwas mit dem Informationsauftrag einer Kommune zu tun und seien deshalb zu unterlassen, weil sie den öffentlichen Medien damit Konkurrenz machen würden, so das Gericht.

„Stärkung der Pressefreiheit und der Demokratie“

Entsprechend zufrieden zeigte sich Lambert Lensing-Wolff: „Wir sind sehr froh über das Urteil. Es bedeutet eine Stärkung der Pressefreiheit und der Demokratie“, machte der Zeitungsverleger deutlich. „Es ist gut, dass der Stadt enge Grenzen gesetzt werden.“ Er betonte, dass es ihm nicht darum gehe, dass die Stadt keine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mehr machen dürfe. Ihrem Informationsauftrag solle und müsse die Kommune natürlich nachkommen. „Sie müssen sich und ihre Politik erklären. Aber sie sollen keine Pressearbeit nach eigenem Gusto mehr machen“, so der Dortmunder Verleger. Aber Regierende und Verantwortliche in der Verwaltung sollten sich „aus der Presse raushalten“.

Stadt prüft Rechtsmittel

Recht wortkarg gab sich die Stadt nach dem Urteil. Oberbürgermeister Ullrich Sierau war der Urteilsverkündung ferngeblieben. Der stellvertretende Rechtsamtsleiter Dirk Otto Arndts bedauerte, dass das Gericht der juristischen Darstellung der Stadt nicht gefolgt sei. Man warte nun die schriftliche Urteilsbegründung ab, welche Handlungsempfehlungen daraus resultieren. Zwar habe man seit der Klage 2017 vereinzelt schon reagiert, aber es gehe hier um „verfassungsrechtliche Grundsatzentscheidungen, daher werden wir die Rechtsmittel prüfen“, so Arendts.

Der Rechtsbeistand des Verlags, Rechtsanwalt Michael Rath-Glawatz, erkannte wohlwollend an, dass die Stadt schon reagiert habe und dass das Angebot auf dortmund.de bereits anders aussehe als im Mai 2017. „Aber, wenn die Stadt sich schon verändert hat, braucht sie ja keine Berufung mehr einlegen“, kommentierte Rath-Glawatz süffisant.

 

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