Bundesarbeitsgericht sprach Leiharbeitern bisherige Einkommen zu
Allzu plump hat im bayerischen Zwiesel ein kommunaler Krankenhausträger versucht, seinen Reinigungskräften ein Drittel ihres Lohns zu nehmen. Die Beschäftigten wurden zu Aufhebungsverträgen gedrängt, in eine konzerneigene Servicegesellschaft verschoben und anschließend von dort für ihre bisherige Tätigkeit „ausgeliehen“.
Es ist so rätselhaft wie beängstigend, dass das bayerische Landesarbeitsgericht an diesem Winkelzug nichts auszusetzen hatte. Beruhigend ist immerhin, dass das Bundesarbeitsgericht die Sache geradebog. Die höchsten Arbeitsrichter werteten die Übertragung des Reinigungsdienstes auf die Service-Firma als (Teil-)Betriebsübergang gemäß § 613a BGB und billigten den Beschäftigten ihre bisherigen Einkommen zu. So erfreulich der BAG-Spruch auch ist – er trifft nur diesen besonders dreisten Fall von Missbrauch des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), nämlich das Verschieben und anschließende Ausleihen eines kompletten Betriebsteils mit dem Ziel, den gesetzlichen Arbeitnehmerschutz beim Betriebsübergang zu umgehen. Etliche Unternehmer praktizieren ähnliche Spielarten des AÜG-Missbrauchs, die der BAG-Spruch aber nicht erfasst. Nicht wie in Zwiesel auf einen Schlag, sondern Schritt für Schritt verdrängt Leiharbeit vielfach reguläre Beschäftigung auch in der Medienbranche: Verleger ersetzen ausgeschiedene Redakteure durch Leiharbeiter. Eine selbst gegründete Verleihfirma wird als Strohmann zwischengeschaltet. Gang und gäbe ist, dass die so genannten Zeit- oder Leiharbeiter gerade nicht „zeitweise“ oder „leihweise“ beschäftigt werden, sondern dauerhaft – aber zum niedrigen Zeitarbeitsentgelt statt zum Redakteurstarif.
Die Steilvorlage für derartige Schein-Leiharbeit gab seinerzeit der Gesetzgeber, indem er die Obergrenze für die Einsatzdauer und andere Schutzvorschriften für Leiharbeiter beseitigte. Das Gesetz selbst bietet Arbeitgebern seither die Möglichkeit, dauerhafte Ungleichbehandlung im Betrieb als Leiharbeit zu tarnen. Diesen Missbrauch muss der Gesetzgeber selbst korrigieren.