Kontrolle von Briefen in Hamburg rechtswidrig

KARLSRUHE.Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes (BGH) hat die Art und Weise einer im Frühjahr erfolgten Postbeschlagnahme in Hamburg im Wesentlichen als rechtswidrig beanstandet.

Im Mai 2007 hatten Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) aufgrund eines Brandanschlages in der Hansestadt gegen Mitglieder der linksextremen „militanten gruppe (mg)“ ermittelt. Bei der Suche nach Bekennerschreiben kontrollierten die Fahnder eigenständig tausende Sendungen des Hamburger Briefzentrums 20, ob sie bestimmten Rasterkriterien entsprechen. Der BGH-Richter stellte am 30. November nun fest, dass das Aussortieren von Postsendungen allein Aufgabe der Postbediensteten ist. „Eine Mitwirkung von Ermittlungsbeamten oder auch des Richters“ sei dagegen „grundsätzlich ausgeschlossen“, um die „Vertraulichkeit des übrigen Postverkehrs nicht zu gefährden“.
Der stellvertretende Vorsitzende der Humanistischen Union, Fredrik Roggan, begrüßte diese Klarstellung. „Es ist außerordentlich erfreulich, dass der BGH dem Ermittlungseifer der Bundesanwaltschaft und dem BKA deutliche Grenzen gezogen hat“, betonte der Rechtsanwalt. Es sei angesichts der Rechtslage völlig unverständlich gewesen, dass sich die Fahnder „so offensichtlich über die gesetzlichen Vorgaben der Strafprozessordnung hinwegsetzten“.
Roggan hatte im Namen eines betroffenen Hamburger Anwaltskollegen Beschwerde gegen die Schnüffelaktion eingelegt. Die Entscheidung des BGH hat laut Roggan Auswirkungen auf weitere Ermittlungsverfahren wie die kürzlich erfolgte Sichtung der Schreiben an vier Berliner Zeitungsredaktionen. Auch hier hatten Polizeibeamte beim Sortieren der Postsendungen „geholfen“. (M 11/07)
Diese Praxis einer „schleichenden Aushöhlung des Brief- und Fernmeldegeheimnisses“ sei unverzüglich zu beenden, forderte Roggan. Er widersprach damit einer Stellungnahme von Justizstaatsekretär Lutz Diwell. Der wegen der Anordnung heimlicher Online-Durchsuchungen ohne rechtliche Grundlage in die Bredouille geratene SPD-Politiker hatte am 30. November auf eine parlamentarische Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele erklärt, die Bundesregierung sehe „keinen Anlass für Konsequenzen aus den Vorgängen“.

Telepolis/M 
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