Nur echte Presseausweise anerkennen

Portrait von Jasper Prigge

Jasper Prigge, Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht in Düsseldorf Foto: Kay Herschelmann

Ein Presseausweis vereinfacht den Nachweis journalistischer Tätigkeit. Er ist aber keine Voraussetzung, um eine Person als Journalist*in anzusehen. Sie kann ihre Tätigkeit auch auf andere Weise belegen, beispielsweise mit einer Bestätigung der Redaktion oder der Vorlage von Publikationen, an denen sie mitgearbeitet hat. Dennoch kommt dem bundeseinheitlichen Presseausweis eine besondere Bedeutung zu.

Der Deutsche Presserat und die Innenministerkonferenz (IMK) haben sich in einer Vereinbarung darauf verständigt, dass nur hauptberufliche Journalist*innen einen bundeseinheitlichen Presseausweis erhalten sollen. Wer nur gelegentlich journalistisch tätig ist oder seinen Lebensunterhalt nicht überwiegend mit einer journalistischen Tätigkeit erzielt, ist nicht zum Erhalt berechtigt.

Strenger Maßstab für den Presseausweis

Die ausgabeberechtigten Verbände, anerkannt ist unter anderem die dju in ver.di, stellen sicher, dass die Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind. Sie haben sich verpflichtet, den Presseausweis nur „nach Prüfung der materiellen Erteilungsvoraussetzungen“ auszustellen. Dabei haben sie, so heißt es in §9 der Vereinbarung, einen „strengen Maßstab“ anzulegen. Welche Verbände zur Ausgabe des Presseausweises berechtigt sind, bestimmt eine vierköpfige Kommission, die paritätisch mit Vertreter*innen des Deutschen Presserats und der IMK besetzt wird.

Die Vereinbarung zwischen dem Presserat und der IMK gewährleistet, dass der bundeseinheitliche Presseausweis von Behörden allgemein akzeptiert wird. Die verlässliche Prüfung der journalistischen Tätigkeit ist der Grund, warum dem Presseausweis ein hohes Vertrauen entgegengebracht wird und entgegengebracht werden kann. Wer den Ausweis hat, ist in jedem Fall als Journalist*in zu behandeln. Wer ihn nicht hat, kann den Nachweis auf andere Weise führen.

Die Anerkennung des bundeseinheitlichen Presseausweises seitens der Behörden ist sinnvoll, denn er erspart hauptberuflichen Journalist*innen, insbesondere solchen ohne feste redaktionelle Anbindung, einigen Aufwand. Zudem bietet er Behörden eine Orientierung. Denn der Begriff „Presseausweis“ ist nicht geschützt und zahlreiche Unternehmen haben aus der Ausgabe von Pseudoausweisen ein gutes Geschäft gemacht. Die von ihnen verkauften Plastikkarten sehen seriös aus und haben einen offiziellen Anstrich. Kontrolliert wird aber in der Regel nicht einmal ansatzweise, ob einer Bestellung auch tatsächlich eine journalistische Tätigkeit zugrunde liegt.

Verständlich ist, dass Unternehmen gerne zur Ausgabe von Ausweisen berechtigt wären, die dem bundeseinheitlichen Presseausweis gleichgestellt sind. Die Vereinbarung zwischen Deutschem Presserat und IMK schließt es aus, dass Unternehmen letzteren herausgeben, weil nur Verbände mit mindestens 1.000 hauptberuflichen Mitgliedern berechtigt sind, eine Anerkennung zu beantragen.

Einheitliche Kriterien erforderlich

Das Bundesverwaltungsgericht hat dies im vergangenen Jahr bestätigt (BVerwG, Urteil vom 23.11.2023 – 10 C 2.23). Eine Aktiengesellschaft, die ihre Kunden als „Mitglieder“ bezeichnet und bei denen es sich mehrheitlich um nebenberuflich tätige (Fach-)Journalist*innen handelte, beantragte beim Land Nordrhein-Westfalen, die von ihr ausgegebenen „Presseausweise“ in gleicher Weise anzuerkennen wie den bundeseinheitlichen. Nachdem dies abgelehnt worden war, beschritt das Unternehmen den Rechtsweg. Das Ziel des Verfahrens war, so ist zu vermuten, das Ausgabeverfahren für den bundeseinheitlichen Presseausweis insgesamt zu kippen. Die Richter*innen bestätigten hingegen die Praxis und wiesen die Klage in allen Instanzen ab.

Ein Unternehmen, das Presseausweise als Dienstleistung herausgibt, so entschied das Bundesverwaltungsgericht, kann sich nicht auf die Pressefreiheit aus Artikel 5 des Grundgesetzes berufen. Diese Tätigkeit sei nur eine „presseexterne Hilfstätigkeit, die nicht notwendig für das Funktionieren der freien Presse sei. Denn Journalist*innen könnten ihre Tätigkeit eben auch auf anderem Wege belegen. Auch sei die Ungleichbehandlung des klagenden Unternehmens mit den ausgabeberechtigten Verbänden gerechtfertigt. Der bundeseinheitliche Presseausweis könne seine Funktion nur erfüllen, weil er nach einheitlichen Kriterien ausgegeben werde und ein einheitliches Erscheinungsbild habe. Die damit verbundene Vereinfachung des Nachweises journalistischer Tätigkeit stelle sowohl für die Inhaber*innen des Ausweises als auch für Stellen, die den journalistischen Hintergrund eines Besuchs oder Anfragende zu überprüfen hätten, eine „hinreichende Rechtfertigung für die Differenzierung“ dar. Die Belastung des klagenden Unternehmens sei hingegen als gering anzusehen.

Gerade die strenge Prüfung, ob Personen zum Erhalt des bundeseinheitlichen Presseausweises berechtigt sind, sichert also seine Existenz. „Presseausweise“ von Unternehmen, die den hohen Anforderungen nicht entsprechen, müssen daher von Behörden nicht anerkannt werden. Die Vereinbarung zwischen Deutschem Presserat und der IMK lässt eine gewerbliche Ausgabe von Ausweisen zu Recht nicht zu. Denn nur Verbände, in denen sich Journalist*innen organisieren und die frei von Gewinnerzielungsabsichten sind, gewährleisten zuverlässig, dass der hohe Standard des bundeseinheitlichen Presseausweises und damit die Grundlage für seine Ausgabe erhalten bleibt.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

SWR lehnt Vergleich mit Regisseur ab

Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart fand gestern der Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren des Regisseurs Joachim Lang gegen den SWR statt. Der Sender hatte ihm am 11. Juli betriebsbedingt gekündigt. Begründet wurde die Änderungskündigung mit dem Sparkurs des Senders, der „angeblich“ keine weiteren Spielfilme vorsieht. Dies, obwohl der SWR laut Staatsvertrag verpflichtet ist, Spielfilme herzustellen. Zum gestrigen Termin vor dem Gericht hat der Sender keine Kompromisse angeboten. Damit kommt es nun zum Kammertermin mit einem Urteil.
mehr »