SWR-App: Schlichtung geplatzt

Screenshot: SWR.de

Das Schlichtungsverfahren zwischen dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der ARD zur umstrittenen Nachrichten-App „Newszone“ des Südwestrundfunks (SWR) ist gescheitert. „Die Teilnehmer halten fest, dass das Schlichtungsverfahren zur streitgegenständlichen Version unter Beibehaltung der dort geäußerten Standpunkte durchlaufen und ohne Einigung beendet ist“, teilte eine BDZV-Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag auf Anfrage in Berlin mit. Der BDZV hält die App für presseähnlich und damit für rechtswidrig.

Die Teilnehmer der Schlichtungsstelle hätten am vergangenen Montag bei ihrem ersten Gespräch in dem Verfahren die Sach- und Rechtslage auf der Basis der bisherigen Gerichtsverfahren „Newszone“-App umfassend erörtert, erklärte die BDZV-Sprecherin weiter.

Der SWR bedauerte das erfolglose Ende der Schlichtung. „Es konnte – trotz des schon im Prozessverlauf signalisierten Entgegenkommens des SWR – bedauerlicherweise keine Einigkeit zu den diskutierten Rechtsfragen dieser Version erzielt werden“, erklärte die Rundfunkanstalt in Stuttgart. Der SWR werde prüfen, in welchem zeitlichen Horizont die „Newszone“-App wieder veröffentlicht werden soll. Den Verlegern will der Sender mit Kooperationsmöglichkeiten entgegenkommen.

16 südwestdeutsche Verlagshäuser, darunter die „Stuttgarter Zeitung“, die „Badische Zeitung“ und die „Rheinpfalz“, waren im Frühjahr 2022 gegen den SWR vor Gericht gezogen, weil sie in der „Newszone“-App einen Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag sehen. Das Landgericht Stuttgart entschied im darauffolgenden Oktober im einstweiligen Verfügungsverfahren, dass die App in der streitgegenständlichen Version vom 14. April 2022 teilweise presseähnlich und nicht vom vorhandenen Telemedienkonzept für das SWR-Jugendangebot „Dasding“ gedeckt sei.

Der SWR legte Berufung ein, woraufhin das Oberlandesgericht Stuttgart Ende Juni 2023 die Entscheidung der Vorinstanz in einem rechtskräftigen Eilurteil aufhob. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass es kein Schlichtungsverfahren zwischen dem SWR und den klagenden Verlagen gegeben habe.

Die betreffenden Verlagshäuser entschieden nach dem Urteil, eine Schlichtung zur „Newszone“-App zu starten. Der SWR stellte die App „aus Respekt vor einem möglichen Schlichtungsverfahren und einem konstruktiven Austausch mit den Verlagen“ nicht wieder online. Eine Hauptsacheklage zur „Newszone“-App – in der Version vom 14. April 2022 – müsste aufgrund der Verjährungsfrist bis Ende 2023 eingereicht werden. Dass die 16 südwestdeutschen Verlage diesen Weg gehen, gilt als sicher, ein offizieller Beschluss hierzu steht aber noch aus.

Kooperationsmöglichkeiten habe der SWR den Verlegern bereits beim Schlichtungsgespräch am Montag vorgestellt, erklärte der Sender. Die Modelle verfolgten weiterhin den Ansatz, ein Nachrichtenangebot für eine junge Zielgruppe zwischen 16 und 25 Jahre anzubieten. Beispiele für Kooperationen gebe es bereits, betonte der SWR und nannte unter anderem das Format „Was kostet die Welt?“ von Funk, dem Online-Jugendangebot von ARD und ZDF, das von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ entwickelt und realisiert wurde.

„Wir möchten der Generation, die in den kommenden Jahrzehnten Verantwortung übernimmt, ein verlässliches Nachrichtenangebot machen und reichen den Verlagen dazu die Hand. Deshalb schlägt der SWR den Verlagshäusern im BDZV eine Zusammenarbeit bei Nachrichten für junge Zielgruppen vor“, erklärte SWR-Intendant Kai Gniffke, der auch amtierender ARD-Vorsitzender ist.

Die Presseähnlichkeit der öffentlich-rechtlichen Internetangebote könnte demnächst auch die EU beschäftigen: Der BDZV ziehe „ernsthaft in Erwägung“, eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission einzureichen, bestätigte dessen Sprecherin dem epd. Die Verleger sehen in den kritisierten Angeboten einen Eingriff in den Wettbewerb.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Keine Auskunft zu Pegasus

Auch Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht  erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Nun erkannte das Gericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist aber nicht verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über den Erwerb und Einsatz der Software "Pegasus" zu erteilen.
mehr »

SWR lehnt Vergleich mit Regisseur ab

Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart fand gestern der Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren des Regisseurs Joachim Lang gegen den SWR statt. Der Sender hatte ihm am 11. Juli betriebsbedingt gekündigt. Begründet wurde die Änderungskündigung mit dem Sparkurs des Senders, der „angeblich“ keine weiteren Spielfilme vorsieht. Dies, obwohl der SWR laut Staatsvertrag verpflichtet ist, Spielfilme herzustellen. Zum gestrigen Termin vor dem Gericht hat der Sender keine Kompromisse angeboten. Damit kommt es nun zum Kammertermin mit einem Urteil.
mehr »

Neues Urteil gegen Kieler Nachrichten

Schlappe für den Verlag der Kieler Nachrichten: Das Landgericht Flensburg hat untersagt, dass der Verlag in Verträgen mit hauptberuflich freien Journalist*innen unzulässige Klauseln vereinbart. Erneut geklagt hatten der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Zukünftig darf die Kieler Zeitung Verlags- und Druckerei KG-GmbH & Co. die Klauseln nicht mehr nutzen, da sie unklar und unverständlich sind und die freien Mitarbeiter unangemessen benachteiligen.
mehr »

Niederlage für Google und Apple

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zwei weitreichende Urteile gegen Tech-Riesen gefällt. Die Richter*innen bestätigten eine Geldbuße gegen Google von 2,4 Milliarden Euro. Zudem muss Apple 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen.
mehr »