Urteil wegen Nötigung erneut bestätigt

Foto: fotolia

Berufung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gescheitert: Der Freiburger Rechtsanwalt Dubravko Mandic muss wegen Nötigung einer Journalistin nun neben 60 Tagessätzen zu je 120 Euro auch die Prozesskosten von Erst- und Berufungsinstanz bezahlen. Mandic soll im Mai 2019 am Rande eines Treffens des inzwischen aufgelösten AfD-Rechtsaußen-Flügels in Greding (Mittelfranken) der auf Rechtsextremismus spezialisierten Journalistin Birgit M. das Mobiltelefon aus der Hand gerissen haben.

Strafverteidiger Jochen Lober aus Köln war ohne seinen Mandanten und Berufskollegen Dubravko Mandic nach Nürnberg gekommen. Er forderte Freispruch. Doch Richter Frank Schmidt und seine beiden Schöffen wiesen Lobers Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts Schwabach aus dem November vergangenen Jahres zurück. Ex-AfD- und Ist-Stadtratsmitglied Mandic muss damit 7.200 Euro Strafe und sämtliche Prozesskosten bezahlen.

Wie von M berichtet, hatte Mandic bei der Verhandlung in Schwabach zugegeben, er habe die Journalistin am Filmen und Fotografieren hindern wollen. Damals hatte er selbst von einer „fließenden Bewegung“ gesprochen, mit der er das Handy aus der Hand der Reporterin in die Hände eines Polizisten transportiert habe. In der Zweitinstanz beschrieb allein ein 24-jähriger Freiburger Zeuge – „ein Ex-Parteifreund“ von Mandic – die Szene mit ebendieser Formulierung. Keine der anderen geladenen Zeug*innen erinnerte sich an diesen Ablauf. Auch auf dem Gericht vorliegenden Fotoaufnahmen von der Szene ist kein Polizist in der Nähe von Mandic zu sehen.

Für Kopfschütteln nicht nur bei der im Prozess anwesenden Nürnberger Journalistin sorgte zudem eine mit Kleinkind aus Freiburg angereiste Zeugin: Sie unterstellte, Journalistenausweise würden an „typisch Linke verteilt, um dann angeblich böse Rechte zu fotografieren“. Und sie sprach davon, Mandic habe in Greding „ganz normal und freundlich zu der Journalistin gesagt: Bitte hören Sie mit dem Filmen auf.“ Selbst Anwalt Lober wie alle anderen Zeug*innen hatten dagegen von „lautstarkem“ und „eindrücklichem Auffordern“ gesprochen, aber nicht von einer Bitte Mandic`.

Richter Schmidt stellte in seiner Urteilsbegründung klar: Wer zu einer Parteiveranstaltung gehe, müsse damit rechnen, fotografiert zu werden. Und: Auch vor einer Veranstaltungshalle dürfen Journalist*innen ihre Arbeit tun. Dubravko Mandic habe die Journalistin „aggressiv eingeschüchtert und ihr große Angst gemacht. Das ist Nötigung.“

Auch eine von Verteidiger Lober in Spiel gebrachte „Notwehr wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild“ treffe nicht zu: Erst das Weiterverbreiten von Fotos könne strafbar sein. Doch Mandic sei damals wie heute Person der Zeitgeschichte – egal ob er für die AfD in den Landtag Baden-Württemberg gewählt worden sei oder nicht. Deshalb seien Berufung wie Antrag auf Freispruch unbegründet, so Richter Frank Schmidt.

Übrigens: Dubravko Mandic ist kein AfD-Parteimitglied mehr: Nach übereinstimmenden Presseberichten soll er mit dem Austritt einem drohenden Parteiausschluss zuvorgekommen sein. Der Freiburger Anwaltsverein dagegen hat Mandic im April ausgeschlossen: Der Ex-AfDler will nach eigener Aussage den Ausschluss nicht akzeptieren.

Ergänzung 20.07.2021 (15:11):  Der Anwalt von Dubravko Mandic hat inzwischen Revision eingelegt.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Dreyeckland-Journalist wegen Link angeklagt

Am 18. April beginnt der Prozess gegen den Journalisten Fabian Kienert. Dem Mitarbeiter von Radio Dreyeckland in Freiburg wird die Unterstützung einer verbotenen Vereinigung vorgeworfen, weil er das Archiv eines Onlineportals in einem Artikel verlinkt hat. Das Portal mit Open-Posting-Prinzip war von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) 2017 als kriminelle Vereinigung verboten worden.
mehr »

Türkische Presse im Visier der Justiz

Der Journalist Nedim Türfent berichtet über die Situation von Medienschaffenden in der Türkei. Sein Film "Ihr werdet die Macht der Türken spüren!" über die schikanöse Behandlung kurdischer Bauarbeiter erregte große Aufmerksamkeit und brachte ihm 2015 einen Journalistenpreis ein - und 2016 seine Verhaftung. Er wurde gefoltert und zu acht Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Die meiste Zeit davon verbrachte er im Hochsicherheitsgefängnis in der östlichen Stadt Van. Türfent wurde am 29. November 2022 nach sechs Jahren und sieben Monaten Haft entlassen. Schon wenige Monate später arbeitete er wieder als Journalist. Zurzeit nimmt er an einem Stipendium für bedrohte…
mehr »

Kinostreik über Ostern angekündigt

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ruft die Beschäftigten im Kinokonzern CinemaxX noch vor Ostern, zum Warnstreik auf. Grund dafür ist die Verweigerungshaltung von CinemaxX ein konstruktives Angebot vorzulegen. Die Tarifverhandlungen sind ins Stocken geraten. „Auch in der gestrigen dritten Verhandlungsrunde hat die Geschäftsführung von CinemaxX kein substanziell verbessertes Angebot vorgelegt. Die Tarifforderung der Beschäftigten von 14 Euro stellen in der aktuellen Preissteigerungssituation eine notwendige Basis für ein existenzsicherndes Einkommen dar.
mehr »

Filmtipp: One Life

„Was hat das mit uns zu tun?“, fragen sich manche Jugendliche, wenn sie in der Schule mit dem Horror des Holocaust konfrontiert werden. Eine ganz ähnliche Frage stellt der Chefredakteur einer Provinzzeitung, bei der Nicholas Winton 1988 vorstellig wird. Der damals knapp achtzig Jahre alte Rentner ist beim Ausmisten auf ein Album gestoßen, das die Rettung jüdischer Kinder aus Prag dokumentiert. Auf Umwegen landet die Information bei der Frau des Verlegers Robert Maxwell. Sie glaubt zunächst, es habe sich um eine Handvoll Jungen und Mädchen gehandelt, aber Winton hat einst 669 Kindern die Ausreise nach England ermöglicht; und davon erzählt „One Life“.
mehr »