DuMont und Grundstücksgeschäfte in der Nazizeit
Ein bizarres Schauspiel mit vielen Aufzügen. Seit Anfang dieses Jahres kämpft der Kölner Ehrenbürger Alfred Neven DuMont mit juristischen Mitteln verbissen um die Familienehre, die er durch despektierliche Berichte in diversen Medien über Grundstücksgeschäfte der Neven DuMonts im Nationalsozialismus in den Schmutz gezogen sieht. Am 31. Oktober kam im Kölner Oberlandesgericht ein weiterer Akt zur Aufführung.
Zu verhandeln hatte der Vorsitzende Richter Axel Jährig über die – von ver.di unterstützte – Berufung der Kölner Journalisten Albrecht Kieser und Peter Kleinert gegen ein Urteil des Landgerichts Köln vom Mai. Kieser und Kleinert wollen nicht hinnehmen, dass ihnen zentrale Aussagen eines in dem kleinen Online-Magazin Neue Rheinische Zeitung veröffentlichten Textes untersagt sein sollen.
Ähnliches hatte auch der Spiegel behauptet. Im Februar schrieb das Nachrichtenmagazin unter der Überschrift „Klüngeln im Krieg“, die Neven DuMonts inszenierten sich „gern als Opfer der Nazis“, hätten tatsächlich jedoch „zu den Profiteuren der ,Arisierungen’“ gehört. In seiner Ausgabe vom 23. Oktober leistete das Hamburger Blatt nun Abbitte: In dem damaligen Artikel „enthaltene Behauptungen, die Eltern von Alfred Neven DuMont sowie dessen Verlag M. DuMont Schauberg hätten von ,Arisierungen’ und den ,Enteignungen ihrer jüdischen Nachbarn’ profitiert, haben sich als nicht stichhaltig erwiesen“, ist in einem kleinen unscheinbaren Text auf Seite 111 zu lesen. Kein offizieller Widerruf, sondern ein stilles Eingeständnis, dem offenbar Verhandlungen zwischen MDS und dem Spiegel hinter den Kulissen vorausgingen und die im Ergebnis den Verzicht begründen, keine weiteren Rechtsmittel gegen die Niederlage des Spiegels vor dem Kölner Landgericht einzulegen. Lapidarer Kommentar des Spiegels dazu: „Wir haben uns mit Neven DuMont verständigt“.
Nur Kieser und Kleinert wollen nicht klein beigeben. Für sie bleibe „entscheidend“, so formuliert es ihr Anwalt Eberhard Reinecke, nicht nur darüber berichten zu können, dass der Vater Alfred Neven DuMonts „ein hochdekorierter Parteigenosse war“, sondern sich die Eltern des heutigen Verlagsseniorchefs „auch bezüglich der Grundstücksgeschäfte nicht von einer Vielzahl anderer Deutscher unterschieden, die – streng nach den damaligen Vorschriften – jüdisches Eigentum erworben haben“. Und dass dies „als Arisierung bezeichnet werden kann“.
Die Aussichten von Kieser und Kleinert, dies weiterhin behaupten zu dürfen, stehen gut – und trotzdem werden sie auch den Prozess vor dem Oberlandesgericht verlieren. Nach der Definition von Richter Jährig ist unter „Arisierung“ die „unter Druck geschehene Überführung von jüdischem Eigentum in nicht-jüdische Hand“ zu verstehen. Darunter dürften durchaus auch jene Grundstücke fallen, die zu Beginn der Nazi-Barbarei jüdischen Besitzern gehörten und sich am Ende im Besitz der Neven DuMonts befanden. Aber nur deswegen, daran ließ Jährig in der Verhandlung keinen Zweifel, dürften Kieser und Kleinert noch nicht behaupten, die Neven DuMonts hätten mit dem Erwerb der Grundstücke „Arisierungsprofite“ gemacht, seien also „Arisierungsprofiteure“. Solche Begriffe klängen nicht „neutral“ genug, seien einfach zu negativ besetzt. Das Gericht wird also mit seinem für den 21. November angekündigten Urteilsspruch wohl eine deutsche Lebenslüge bestätigen: Profitiert vom Leid der Opfer haben höchstens andere. Wenn überhaupt.