Im Gefolge des Skandals beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) werden auch die öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien verstärkt kritisch beäugt. Geht es nach dem Urteil des Journalisten und Medienbloggers Peter Stawowy, dann ist das trotz einiger Reformbemühungen nach wie vor mehr als berechtigt. Zu starker Parteieneinfluss, mangelnde Transparenz, ineffiziente Strukturen – dies nur einige der Defizite, die der Autor in seiner im Auftrag der Otto Brenner verfassten Studie ermittelt hat.

Maximal ein Drittel der Mitglieder in öffentlich-rechtlichen Rundfunkgremien dürfen staatlich oder staatsnah sein. So hatte das Bundesverfassungsgericht im „ZDF-Urteil“ 2014 in der Causa des Ex-Chefredakteurs Brender entschieden. Eine Bestimmung, die von den Sendern laut Studie offenbar trickreich unterlaufen wird. Demnach lassen sich 41 Prozent der Ratsmitglieder der untersuchten zwölf Anstalten eindeutig politischen Parteien zuordnen. Bei den Verwaltungsräten liegt die Quote mit 53 Prozent sogar noch höher. Stawowys Verdikt: Es könne nicht sein, „dass ehemalige Minister die Plätze zivilgesellschaftlicher Organisationen füllen und am Ende die alte Parteipolitik und das klassische Machtdenken in die Gremien tragen“.
Reformfähigkeit des Rundfunkrats
Mit § 31 des neuen Medienstaatsvertrags (MStV) wurden Zuständigkeiten und Kompetenzen der Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten deutlich konkretisiert und gestärkt. Das ist für Stawowy nach den zuletzt in einigen Senden gemachten Erfahrungen auch bitter nötig. Betrachte man etwa „klägliche Rolle“ des RBB-Rundfunkrates bei den Skandalen um die 2022 gefeuerte Intendantin Patricia Schlesinger, „muss die Frage nach der Effektivität der Institution insgesamt gestellt werden“.
Nach Mutmaßungen des Autors scheint auch bei den Medienpolitiker*innen der Länder der Glaube an die Reformfähigkeit der Institution Rundfunkrat zu schwinden. Anders lasse sich „die Idee, einen Medienrat zu konstituieren, der die Leistungsberichte der Anstalten miteinander vergleicht und die bestehenden Gremien in dieser zentralen Funktion entmachtet, nicht deuten“.
Bemühen um mehr Öffentlichkeit
Fortschritte attestiert die Studie den Sendern beim Bemühen um mehr Öffentlichkeit. Noch vor zehn Jahren habe der Eindruck überwogen, in den Gremien würden Entscheidungen der Geschäftsleitungen unter Ausschluss des Publikums nur abgenickt. Heute tagten – mit Ausnahme der Deutschen Welle – alle Rundfunkgremien öffentlich, die meisten streamten die Sitzungen sogar live.
Um die Akzeptanz des ÖRR zu stärken, empfiehlt Stawowy deutlich mehr Öffentlichkeitsarbeit der Gremien und mehr Kostentransparenz. Die Ergebnisse sämtlicher Programmbeobachtungen sollten öffentlich mit dem Publikum rückgekoppelt werden. Gleiches wünscht er sich auch im Hinblick auf eine Vereinheitlichung und Publikation der Beschwerdeverfahren. Darüber hinaus sollten die Rundfunkräte der Sender kontinuierlich Public-Value-Berichte vorlegen, in denen die Aufgabenerfüllung der jeweiligen Anstalt bewertet wird.
Fazit: Ein sehr nützlicher Diskussionsbeitrag zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Bleibt zu hoffen, dass die Medienpolitik einige der berechtigten Vorschläge bei ihren Reformbemühungen aufgreift.