Schon entdeckt? greenpeace magazin

Zwar eine Tochter von greenpeace, aber von der Umweltschutzorganisation völlig unabhängig, nimmt das von der Greenpeace Media GmbH in Hamburg herausgegebene greenpeace magazin. seit 1993 alle zwei Monate Politik, Wirtschaft und Umwelt kritisch unter die Lupe. „Wir verzichten auf Werbeanzeigen und tragen uns – einmalig in Deutschland – aus Verkaufserlösen selbst“, betont Chefredakteur Jochen Schildt. „Das funktioniert, wir machen Gewinne.“

greenpeace Magazin
greenpeace Magazin

Etwa 500.000 Leser zähle das in einer Auflage von 120 000 erscheinende, hauptsächlich über Abos vertriebene Heft, weitergegeben im Familien- und Freundeskreis. Offenbar honoriert die Leserschaft das Bestreben der „kleinen entschlossenen Redaktion“, schwierige naturwissenschaftliche, technische oder umweltpolitische Zusammenhänge in Text und Bild so aufzubereiten, dass auch Laien „Lust haben, sich damit zu beschäftigen.“ Im aktuellen Heft beispielsweise geht es um bewusst eingebaute Sollbruchstellen in Produkten zur Belebung des Absatzes, um den Bio-Boom mit endlosen Lebensmittelskandalen im Reich der Mitte oder ein Jahr nach Fukushima um die wachsende Wut der Japaner über Atomkraft als „klimafreundliche Energie“. Eine große Reportage berichtet vom Alltag der Seelachsjäger auf einem der letzten deutschen Hochseetrawler. Gedruckt wird das 80seitige Heft – an dessen Ende das magazineigene Warenhaus fair gemachte Produkte anbietet – auf hundertprozentigem Recyclingpapier. Auf optische Aufheller wird verzichtet, was der Qualität der Fotos keinen Abstrich bereitet.
Namhafte Autoren, Fotografen und Grafiker – zumeist Freie – arbeiten für das Magazin. „Wir können aus einer Fülle von Angeboten auswählen, achten auf Themenvielfalt und eine gesunde Mischung von Text, Foto und Grafik.“ Aktuelle Themen werden adäquat aufgegriffen. Zur documenta in Kassel wird sich ein Beitrag mit politischer Kunst unter Umweltaspekten auseinandersetzen. Infografiken visualisieren komplizierte Sachverhalte – so der Beitrag „Der ferngesteuerte Tod“ zu unbemannten Kampfmaschinen als neue Herren der Lüfte.
Unter ungewohntem Blickwinkel durchleuchtet die Redaktion Machenschaften der Unternehmen. „Lügendetektor“ und die Satire „Keine Anzeige“ sind dabei Markenzeichen des Heftes geworden. Bei letzterer werden bekannte Firmenanzeigen so „gedreht“, dass Verschwiegenes aufgedeckt wird: Das ohne Rauchfahne abgebildete Kreuzfahrtschiff Aida beispielsweise kommt im Magazin unter „Ja, aaber“ als Ruß- statt als Clubschiff daher, das bei neun Tagen Mittelmeerfahrt mit einer Abgasbilanz von 2,3 Tonnen CO2 pro Person aufwartet. „Erstklassige Rechtsanwälte wurden gegen uns schon in Marsch gesetzt, doch Klagen wurden immer wieder abgebogen“, berichtet Schildt. „Gegen Satire ist nicht zu klagen. Mittlerweile versuchen es die Unternehmen nicht mehr, bieten Gespräche an.“ Zudem wird das gesamte Heft von einem Rechtsanwalt gegengelesen. Sorgen um die Zukunft seines mehrfach preisgekrönten Blattes macht sich der Chefredakteur nicht. „Jede Ausgabe, jede Seite, jede Meldung ist wichtig. Wir denken schon an das Heft zum 20. Jubiläum im nächsten Jahr“.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »

Verwaltungsräte treten aus dem Schatten

Die Verwaltungsräte der Öffentlich-rechtlichen Sender sind mächtig. Sie überwachen und kontrollieren die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Außerdem legen sie den Haushaltsplan und den Jahresabschluss fest, kontrollieren die Beteiligung an Unternehmen und vieles mehr. Ihre Beschlüsse fassen sie nicht öffentlich.
mehr »