Schon entdeckt? SeeMoZ

Kritisch, widerborstig, informativ – das Credo der im Mai 2007 erstmals ins Netz gestellten Internetzeitung SeeMoZ trifft den Nerv vieler Leser: Wir lesen Euch, weil Ihr dem „Medien-Einheitsbrei etwas dagegen stellt“, weil „Ihr über Geschehnisse berichtet, die ansonsten einfach unter den Tisch gekehrt werden“…

Genau das bezweckte der Konstanzer Journalist Holger Reile: in der „verkümmerten Presselandschaft im Südwesten und zum Meinungsmonopolisten Südkurier eine Alternative“ zu bieten. Das passiert seit drei Jahren mit „Lesenswertem aus Kultur und Politik für den Bodenseeraum und das befreundete Ausland“ – rund 1.700 Beiträge sind veröffentlicht, 30.000 Besucher werden im Monat auf den SeeMoZ-Seiten gezählt. „Ihre Zahl hat sich seit dem Start verdreifacht“, sagt Reile, der schon eine Szenekneipe betrieb, Mitherausgeber des Konstanzer Stadtmagazins „Nebelhorn“ war und seit kurzem als Stadtrat der Linken Liste agiert. „Für eine konservative Mehrheit sind wir ein rotes Tuch. Doch als Marke SeeMoZ werden wir auch in der liberalen Bürgerschaft wahrgenommen werden.“
Wer SeeMoZ anklickt, kann sich in den Rubriken festlesen, denn es wird gut recherchiert, sprachlich ausgefeilt und bissig gegen den Strich gebürstet. „Lokales und Regionales“ steht obenan – so treibt die SeeMoZ Diskussionen wie die um den Sinn oder Unsinn städtischer Großprojekte oder das Verbot verkaufsfördernder Aktionen in der Altstadt voran: ein 100 Jahre alter Kinderwagen vor einem Laden mit Babymode diente als Zankapfel. Auch Übergreifendes wie unter „Kontrovers“ die Auseinandersetzung um Lafontaines Erben als Erfolgsgeschichte oder Abstieg wird aufgegriffen. Die häufigsten Klicks erfährt „Moment Mal!“ – der Glossenkasten rechts oben, letztens mit einem Verriss zu einer fragwürdigen Aktion „Starke Frauen“ der „Edeljournaille“ Akzent. Schmeckerchen gibt es unter „Mozarella“. Dabei wird in das Schweizer „Alles Chäs“-Buch „vorsichtig reingerochen“ und Mythen um den Absinth nachgespürt. Ausgefallenes ist allemal zu finden.
Namhafte Journalisten schreiben sich für SeeMoZ „Themen vom Leib“, Akteure vor Ort berichten. Ein fester Autorenkreis hat sich gebildet, der auf Honorar verzichtet, „denn das kann ich nicht zahlen“, sagt Reile. Wenn sich die Randspalten nach und nach mit Werbung füllen, könnte sich das vielleicht ändern. Zum Sommerauftakt rührt Reile noch mal die Werbetrommel. Dann steht die SeeMoZ technisch und gestalterisch aufge„motzt“ im Netz, dafür hat der Webmaster gesorgt. Die Seiten wurden offener, nutzerfreundlicher, die Zugriffszeiten verkürzt.
Etwa vier Stunden täglich widmet Reile der SeeMotz, „meine Brötchen verdiene ich aber anders.“ Er wünschte sich noch mehr Mitstreiter, die einzelne Rubriken unter ihre Fittiche nehmen und sie regelmäßig mit SeeMotz-typischen Themen füttern. Oft stehen Texte lange im Netz – viele werden aber immer wieder runtergeladen.
Ausweiten will Reile die Kooperation mit der benachbarten Schweiz – ein grenzübergreifender Text- und Anzeigenpool wäre denkbar. Vom einst geäußerten Gedanken einer Druckausgabe der SeeMoZ aber hat Reile Abschied genommen. „Der Trend spricht eher dagegen.“

www.SeeMoZ.eu

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »

Verwaltungsräte treten aus dem Schatten

Die Verwaltungsräte der Öffentlich-rechtlichen Sender sind mächtig. Sie überwachen und kontrollieren die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Außerdem legen sie den Haushaltsplan und den Jahresabschluss fest, kontrollieren die Beteiligung an Unternehmen und vieles mehr. Ihre Beschlüsse fassen sie nicht öffentlich.
mehr »