110 Tage Streik für Tarifvertrag

Madsack verweigert Beschäftigten von KSC tragfähigen Kompromiss

„Der nunmehr längste Streik in einem deutschen Zeitungskonzern zeigt, dass Verlage Tarifflucht zum Kern ihres Geschäftsmodell gemacht haben“, sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke, anlässlich des 100. Streiktages im Kunden-Service- Center (KSC) der Hannoveraner Madsack Mediengruppe im April.

 Foto: ver.di
Foto: ver.di

„Der Madsack-Medienkonzern ist auch nach 110 Streiktagen nicht bereit, die Tarifauseinandersetzung im Kunden-Service-Center (KSC) mit einem tragfähigen Kompromiss zu beenden. Im Zuge des Sparprogramms „Madsack 2018“ sollen ganz offenbar die Profite des Medienkonzerns auf Kosten der Beschäftigten maximal gesteigert werden“, heißt es in einer ver.di-Pressemitteilung vom 21. Mai.
Während ver.di in einem Schreiben an die KSC-Geschäftsführung noch einmal dokumentierte, dass die Streikenden bereit seien, auch schmerzhafte Kompromisse zu schließen, verlangt der Konzern, der in Hannover ein profitables Zeitungsmonopol besitzt (Hannoversche Allgemeine, Hannoversche Neue Presse), von den Beschäftigten seines telefonischen Kundenservice die totale Unterwerfung unter seine Niedriglohn-Strategie. Einer der mächtigsten Medienkonzerne Deutschlands exekutiert an seinen Beschäftigten eine frühkapitalistische Ausbeutungsstrategie.
Die Steigerung des Profits ist für die Konzernmanager um Thomas Düffert die einzige Leitlinie. Dafür sollen die Beschäftigten des KSC auch in Zukunft auf jede Lohnerhöhung verzichten. Um eine minimale Lohnerhöhung von 2 Prozent am Ende des Jahres zu verhindern, verweigere der Medienkonzern den Streikenden den Kompromiss. Seit die Beschäftigten vor 13 Jahren aus der Madsack-Verlagsgesellschaft outgesourct wurden, haben sie keine einzige Lohnerhöhung erhalten, sind ihre Effektivlöhne wegen der Inflation in dieser Zeit um mehr als 30 Prozent gesunken.
Überall im Konzern werden derzeit Arbeitsplätze vernichtet, überall schafft der Madsack-Konzern tariflose Niedriglohn-Zonen. Und wenn sich Beschäftigte dagegen wehren und mit einem der längsten Streiks in der Geschichte Deutschlands für Tarifrechte kämpfen, reagieren Düffert und Co. mit brutaler Ablehnung und absoluter Kompromissunfähigkeit.
Anfang April waren die Tarifverhandlungen nach fünf Runden ergebnislos und ohne neuen Termin vertagt worden. Sie waren an untergeordneten Themen gescheitert – etwa an Anerkennungsbeträgen für Firmenjubiläen. Entscheidende Fragen wie Lohnerhöhungen waren erst gar nicht behandelt worden. Am 100. Streiktag hatten die Beschäftigten erneut die SPD-Medienholding ddvg in Hamburg besucht und Unterstützung verlangt. Die ddvg hält an Madsack 23,1 Prozent und ist damit die größte Einzelgesellschafterin des Medienkonzerns. Die Madsack Mediengruppe gibt 18 regionale Tageszeitungen mit einer täglichen Gesamtauflage von 940.000 Exemplaren sowie 37 Anzeigenblätter heraus. Sie ist außerdem Miteigentümer von regionalen Radio- und Fernsehsendern sowie privaten Postdienstleistern.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schlaffe Tarifangebote bei der ARD

Programmeinschnitte, Sparmaßnahmen und minimale Tarifangebote der ARD. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisiert die Haltung der Sender und kündigt Proteste an. Im Rahmen der Tarifverhandlungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe es zwar erste Angebote vom Bayerischen Rundfunk (BR) und vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) gegeben. Die Angebote blieben aber laut ver.di weit hinter den berechtigten Forderungen der Mitglieder zurück. Sie liegen auch weit unter den Tarifabschlüssen anderer Branchen oder dem öffentlichen Dienst.
mehr »

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »