Tarifverhandlungen: Für weniger Geld länger arbeiten?
Bei der Deutschen Welle herrscht Unruhe. Zwar ist mit der Wiederwahl von Intendant Erik Bettermann eine personelle Kontinuität gesichert. Aber die ehrgeizigen Zukunftspläne der Welle werden durch finanzielle Restriktionen des Bundes einstweilen gebremst. Schon im kommenden Jahr muss die Welle bluten. Mit 269,3 Millionen Euro liegt der Etat für 2007 an die 3.7 Millionen Euro niedriger als der des laufenden Haushaltsjahres. Die ursprünglich von den Großkoalitionären geplanten weiteren sechs Millionen Einsparungen konnten noch mal abgewehrt werden.
Unmittelbar nach seiner Wiederwahl forderte Intendant Bettermann vom Bund eine „nachhaltige Finanzierung“ für den Ausbau des DW-Fernsehens. Angestrebt wird unter anderem eine engere Zusammenarbeit mit ARD und ZDF. Nach der Unterzeichnung einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung mit beiden Sendersystemen Ende November soll DW-TV künftig Zugriff auf die informationsorientierten Programme der ARD-Dritten sowie die Satellitenprogramme des ZDF bekommen. Für die Ausstrahlung solcher Sendungen im Programm von DW-TV fällt anstelle individueller Abrechnungen künftig nur noch eine pauschale Verwaltungsgebühr an. Die Abgeltung der Weltrechte übernimmt die Welle.
Dass die vom Bund genehmigte Anschubfinanzierung „nicht geeignet ist, mit vergleichbaren Angeboten anderer Länder zu konkurrieren“, befürchten nicht nur ZDF-Intendant Markus Schächter und der scheidende WDR-Intendant Fritz Pleitgen. Pleitgen hatte sich erst Mitte November bei der Tagung „Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Auslandsrundfunks in einer globalisierten Medienwelt“ für eine „programmlich und finanziell angemessene Ausstattung“ der Welle stark gemacht. Er frage sich, ob es „verantwortungsbewusst ist, ein hoffnungslos unterfinanziertes Programm überhaupt zu starten, das unser Land gegen die starke internationale Konkurrenz nicht gut aussehen lässt“, so Pleitgen. Eine Konkurrenz, die durch junge Auslandssender wie Russia Today, France 24 und Al Dschasira in jüngster Zeit beträchtlich gewachsen ist.
Teilerfolg: Honorare für Freie steigen mit Jahresbeginn
DW-Chef Bettermann plädiert daher auch für eine noch intensivere Beteiligung der Welle an neuen technischen Übertragungswegen. Die DW müsse aktiv auf den Plattformen sein, die die Menschen am stärksten nutzten, egal ob Podcasting oder Video on Demand. Er kündigte an, sich künftig vermehrt um alternative Finanzierungsquellen wie EU-Gelder und Sponsoring zu kümmern, deren Anteil bisher bei 20 Prozent liege. Eine Rückkehr zum Pay-TV werde es allerdings nicht geben. In der vergangenen Legislaturperiode hatte der Bund bekanntlich mit dem ökonomisch erfolglosen German TV das erste Bezahlfernsehen-Projekt der Deutschen Welle sang- und klanglos wieder eingestellt.
Bettermann habe die Deutsche Welle „trotz erheblicher Etatrestriktionen fit für die Zukunft“ gemacht, sagte DW-Rundfunkratsvorsitzender Valentin Schmidt nach der einstimmigen Wiederwahl des Intendanten. Dies sei nur durch konsequente Rationalisierung, Effizienzsteigerung und – auch schmerzhafte interne Umschichtungen möglich gewesen. Die Beschäftigten der Welle dürften dies mit gemischten Gefühlen vernommen haben. Geht es nach dem Willen der Geschäftsleitung, droht ihnen eine drastische Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Dem Zeitgeist entsprechend sollen sie künftig weniger Urlaub machen und für weniger Geld länger arbeiten.
Dass die Wellenleitung dies ernst meint, hat sie mit der Kündigung des Manteltarifvertrags bereits vor acht Jahren angedeutet. Wegen der „Nachwirkung“ des Tarifvertrags spürte die Belegschaft davon allerdings bislang noch nichts. Vor zwei Jahren wurden bei den Verhandlungen um einen neuen Gehalts-Tarifvertrag auf Wunsch der Geschäftsleitung auch über Leistungselemente bei der Vergütung und über neue Arbeitszeitmodelle verhandelt. Damals gelang es den Gewerkschaften noch, diese Pläne abzuwehren. Jetzt aber geht es ans Eingemachte. „Die Welle will eine völlig neue Vergütungsstruktur“, klagt Gerd Nies, ver.di-Verhandlungsführer bei den Tarifgesprächen. Neue Verträge sollen ab dem 1. Januar 2007 nicht mehr auf Grundlage des Mantel-TV, sondern nur noch zu weitaus schlechteren Konditionen angeboten werden. Demnach soll ein DW-Kollege künftig eine Erhöhung der Grundvergütung nur noch dann bekommen, „wenn seine mehr als durchschnittliche Leistung dies rechtfertigt“. Der bisherige Anspruch auf eine Stufensteigerung soll somit zugunsten einer nicht klar definierten „leistungsorientierten“ Vergütung gekappt werden. Im Kern geht es, daraus macht die Geschäftsleitung keinen Hehl, um eine Angleichung der DW-Gehälter an die des Öffentlichen Dienstes – nach unten, versteht sich. „In der Spitze“, so heißt es in einem gewerkschaftlichen Tarifinfo, könne dies auf eine „Gehaltkürzung von bis zu 40 Prozent“ hinauslaufen.
Gewerkschaften und Personalrat wollen diesen Angriff auf bisherige tarifliche Besitzstände nicht tatenlos hinnehmen. Zuletzt sah es bei den Gehaltsverhandlungen für die noch rund 1.500 DW-Beschäftigten nach Bewegung aus. Für Dezember waren noch zwei weitere Verhandlungsrunden geplant. Immerhin: Ein Teilerfolg wurde mittlerweile erzielt. Die Honorare der Freien steigen zu Beginn der nächsten drei Kalenderjahre um jeweils ein Prozent.