Erlebnispark Kino

Tarifabschluß für die Kinobeschäftigten

Die Achterbahnfahrt in der Tarifauseinandersetzung zwischen dem Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF) und der IG Medien (siehe M 8-9.98) endete am 31. Juli 1998 nach knapp zweiwöchigem Arbeitskampf mit folgendem Ergebnis:

  • Die Löhne und Gehälter sowie die Zulagen der Beschäftigten in den „unteren Einkommensgruppen“ (Kasse, Theke, Einlaß, Platzanweisung) werden ab 1. Juli 1998 um 3,0 Prozent, die der Filmvorführer/innen um 2,0 Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrags bis 20. Juni 2000.
  • Die jahressonderzahlung von bisher 500 DM wird 1998 auf 650 DM und ab 1999 auf 750 DM erhöht.
  • Die Tarifvertragsparteien vereinbaren die Einrichtung einer gemeinsamen Kommission zur Überarbeitung der Struktur des Bundes-Tarifvertrags.


Prozentual gesehen konnte ein im bundesrepubikanischen Durchschnitt unerwartet hoher Abschluß erstreikt werden. Er bleibt jedoch weit hinter den Zuwachsraten dieser Branche zurück (1997: +7,7% Kartenumsatz).

Sieht man sich die tatsächliche Erhöhung der Stundenlöhne in Pfennigen an, so wirkt der Abschluß noch bescheidener, da diese 1998 lediglich zwischen 33 und 38 Pfennige steigen. Als Betroffener kann ich dennoch mit diesem Abschluß leben, da ich in ihm eine Chance zur Verbesserung des Tarifvertrages an sich und der Durchsetzungskraft der Beschäftigten sehe. Die sich aus dem Abschluß ergebenden Aufgabenstellungen müssen jedoch wahrgenommen und umgesetzt werden:

Zum einen muß die vereinbarte Kommission zur Überarbeitung der Struktur des Bundes-Tarifvertrages tatsächlich eingerichtet werden, tagen und zu realisierbaren Ergebnissen kommen. Sie darf nicht daran scheitern, daß der HDF lediglich seine Vorstellungen über eine dringend notwendige strukturelle Veränderung des Bundes-Tarifvertrages durchsetzen will, sondern muß zu konstruktiven Konsensvorschlägen führen, um die Tarifverhandlungen im Jahr 2000 zu entlasten.

Zum anderen ergibt sich aus der langen Laufzeit von 2 Jahren an die IG Medien im Bereich der hauptamtlich und der ehrenamtlich Tätigen, sowie an alle Mitglieder die konkrete Aufgabe, im Kinobereich die Mitgliederstrukturen und vor allem die betriebsrätlichen Strukturen zu verbessern. Die Verbesserung der Mitgliederstruktur konnte zum Teil durch die sehr positive Streikberichterstattung in den verschiedenen Medien schon jetzt erreicht werden, darf aber in den kommenden zwei Jahren nicht einschlafen.

Der zweiten Aufgabe stehen weit höhere Hürden im Weg. Der in M 8-9.98 abgedruckte Bericht über Betriebsratswahlen in einem Nürnberger Kinobetrieb ist exemplarisch für eine Branche, in der selbst Branchengrößen unverhohlen daraufhin arbeiten, ihre Betriebe be-triebsratsfrei zu halten und nicht davon zurückschrecken, bestehende Betriebsräte persönlich zu diskreditieren. Das Bewußtsein bei Haupt- und Ehrenamtlichen muß dahingehend gestärkt werden, daß es Kino gibt und daß dort auch Menschen mit branchenspezifischen Problemen arbeiten. Mit diesem Bewußtsein und der nötigen Sachkenntnis ausgestattet, muß die Zeit bis zum Beginn der nächsten Tarifverhandlungen genutzt werden, um auch zukünftig als Verhandlungspartner ernst genommen zu werden.


 Thomas Vogt vertritt die Kinobeschäftigten auch im Geschäftsführenden Bundesvorstand der Fachgruppe Rundfunk/Film/Audiovisuelle Medien.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Inhalte brauchen Moderation

Theresa Lehmann ist Tiktok-Expertin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sie leitete das Modellprojekt pre:bunk, das zum Ziel hatte, Jugendliche mit Videoformaten zu Desinformation auf TikTok zu sensibilisieren. Mit M sprach sie über Regulierung, Verbote und Gefahren von Social Media.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »